Nach Freigabe der Ortsumgehung Nach Freigabe der Ortsumgehung: "Himmlische Ruhe" in Theißen

Theißen - Wer jahrelang, nicht nur zu den Stoßzeiten, auf der Bundesstraße 91 durch Theißen gefahren ist, mag es kaum glauben. Aber nach der Freigabe der knapp vier Kilometer langen Umgehungsstraße einen Tag vor Heiligabend ist tatsächlich weitgehend Ruhe in dem Dorf nördlich von Zeitz eingekehrt. „Ja, schon fast eine himmlische Ruhe. Das ist überhaupt kein Vergleich mehr zu früher“, sagt Heike Kühnapfel.
Sie wohnt direkt an der besagten Zeitzer Straße, zudem noch in unmittelbarer Nähe zum Bahnübergang. Sie war jahrelang extremem Verkehr ausgesetzt. Gerade am Übergang hatte es, auch in der Nacht, kräftig gerumpelt, vor allem dann, wenn leere Lkw die Gleise überfuhren. „Mein Mann hatte große Schlafprobleme, manchmal war 4 Uhr am Morgen die Nacht vorbei, wenn die ersten Laster kamen. Jetzt können wir sogar wieder bei offenem Fenster schlafen“, freut sich Heike Kühnapfel.
Rund 13.000 Autos sind nahezu täglich über die Straße gerollt
Was jetzt noch fehle, sei eine Sanierung der Zeitzer Straße, die durch den jahrelangen Verkehr mächtig gelitten habe. Rund 13.000 Autos sind nahezu täglich über die Straße gerollt.
Die Sanierung hat der Bauträger der Umgehungsstraße, die Deges (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH) aus Berlin, bereits fest versprochen. So wie Bereichsleiter Andreas Irngartinger bei der feierlichen Übergabe, die bereits eine Woche vor der Verkehrsfreigabe erfolgte, versprochen hatte, „dass es ruhiger in Theißen werden wird.“ Dieses Versprechen war einfach einzuhalten, denn selbst wenn Laster noch durch Theißen von Süden nach Norden und umgekehrt fahren wollten, ist es gar nicht möglich.
Theißen für den Durchgangsverkehr vorübergehend eine Art Sackgasse
Denn abgesehen von den Verbindungen nach Teuchern oder Hohenmölsen ist Theißen für den Durchgangsverkehr vorübergehend eine Art Sackgasse geworden. Denn die Anschlussstellen der Ortsumfahrung bei Nonnewitz und weiter nördlich, nahe Naundorf, sind noch nicht fertig und werden erst später freigegeben.
„Vielleicht ist die Straße etwas zu früh aufgemacht worden. Denn immer noch fahren Laster hier ins Dorf, die sich nicht auskennen, drehen am neuen Kreisverkehr bei Nonnewitz und kommen wieder zurück. Und aus Wut hupen die dann in Theißen“, beschwert sich Hans-Joachim Böhnke. Aber generell muss auch er zugeben, „dass der Verkehr nicht mehr so schlimm ist wie früher, als man kaum über die Straße gekommen ist“. Das sei generell die Meinung der allermeisten Anwohner.
„Ich habe einmal 21 Lkw in drei Minuten gezählt“
Steffen Geidel, der ebenfalls direkt an der Zeitzer Straße wohnt, könne nun wieder das Fenster beim Fernsehgucken aufmachen. „Ich habe einmal 21 Lkw in drei Minuten gezählt, das hat nun rapide nachgelassen. Jetzt möchte mich auch meine Schwester, die sonst von dem Verkehr total genervt war, öfter besuchen“, freut sich Geidel.
Anett Hausmann hat ihre Physiotherapie ein paar Meter entfernt in einer Seitenstraße. „Die Ruhe ist angenehmer für unsere Patienten und man kommt jetzt entspannter auf die Hauptstraße rauf“, sagt sie. Tatsächlich gibt es nun Momente, in denen die Zeitzer Straße in Theißen minutenlang wie ausgestorben wirkt. Völlig ungewohnt: Es kommt kein einziges Fahrzeug vorbei.
„Der Lärm war früher wie Musik in meinen Ohren“
Für Ina Scheffler ist das schön, aber auch komisch zugleich. „Der Lärm war früher wie Musik in meinen Ohren“, meint sie vollkommen ohne Ironie, „ich wohne seit 1995 hier an der Straße und hatte mich so sehr daran gewöhnt, dass jetzt irgendwie etwas fehlt.“ Was ihr nicht fehle, seit die Gefährlichkeit der Straße für ihre Kinder. „Da habe ich schon Angst gehabt, weil die Laster hinter dem Blitzer ja teilweise ordentlich Gas gegeben haben.“
Die Protestaktionen auf dem Zebrastreifen, mit denen die Theißener vor Jahren den Verkehr zum Erliegen gebracht haben, hätten sich auf alle Fälle gelohnt, meint Birgit Baumann. „Früher musste man entweder runter zum Überweg oder minutenlang auf eine Lücke warten und dann die Beine in die Hand nehmen, wenn man beim Überqueren der Straße nicht überfahren werden wollte“, sagt sie und strahlt. (mz)
