Museum Schloss Moritzburg in Zeitz Museum Schloss Moritzburg in Zeitz: Ein Leben wie ein Märchen

Zeitz - Franziska Schilka-Oehme ist begeistert von der Sonderausstellung im Museum Schloss Moritzburg Zeitz. Sie kommt gern hierher und geht zwischen den Bildern ihres Urgroßvaters spazieren. Franz Hein sen. (1863 bis 1927) war Maler. Ihr Großvater Franz Hein jun. (1892 bis 1976) war ein bekannter Chemiker. Es ist eine Familiengeschichte zwischen bildender Kunst und Naturwissenschaft. Die 71-Jährige, die anschaulich und charmant erzählt, und ihr Vater Peter Oehme bringen noch die darstellende Kunst ein, ihre Mutter, eine Pianistin, die Musik.
Peter Oehme spielte ab 1942 in Leipzig, später in Lübeck, Freiburg im Breisgau und in Zürich sowie in verschiedenen Fernsehrollen. Die Städte waren zugleich Lebensstationen für seine Tochter Franziska Oehme. Sie machte in der Schweiz Karriere als Schauspielerin. Unterricht erhielt sie von Gustav Knuth. 1967 gab sie ihr Filmdebüt. Viele kennen sie an der Seite von Heinz Rühmann in „Oh Jonathan, oh Jonathan“. Bis in die 1990er Jahre spielte sie große Filmrollen und stand auf der Bühne.
Erst als sie kürzer trat und nach der Wende wieder nach Lützen-Meuchen ins Familiendomizil zurückkehrte, hatte sie irgendwann auch die Zeit, das Werk ihres Urgroßvaters zu ordnen - damit zu beginnen zumindest. Hier kommen auch Kunsthistoriker Rainer Behrends, ehemaliger Kustos der Kunstsammlungen der Universität Leipzig, und die Zeitzer Bildhauerin und Museumspädagogin, Ulrike Trummer, ins Spiel, denen sie für die Hilfe und Unterstützung dankt. Und nicht zuletzt für eine wunderbare Ausstellung in der Moritzburg. Behrends Vortrag zur Eröffnung trägt ebenso wie das Buch über die Heins dazu bei, einen eher vergessenen großen Künstler wieder ins Bewusstsein zu rücken.
Verstreute Bilder
Der Maler und Grafiker Franz Hein sen., der auch Lyriker und Erzähler war, zog nach dem Studium in die Grötzinger Malerkolonie und war zeitweilig Professor in Karlsruhe. 1905 folgte er dem Ruf nach Leipzig, wo er an der Kunsthochschule für Grafik und Buchgewerbe unterrichtete. Er lebte bis zu seinem Tod in Leipzig. Hein gilt als der Maler des Waldes und der Märchen. Und das, obwohl er starke Porträts (und Selbstporträts) schuf. Auch als Grafiker machte er sich einen Namen und schuf ein eigenes Verfahren für farbige Holzschnitte. Auch aus dem grafischen Schaffen ist ein Ausschnitt in der Moritzburg zu sehen, ebenso wie eine beeindruckende Auswahl von Vorsatzblättern.
Heins Bilder sind weit verstreut, in namhaften Sammlungen und in Privatbesitz. Das ist auch dem Lebensweg der Familie geschuldet. Die lebte nach dem Zweiten Weltkrieg in Leipzig. Die Amerikaner wollten ihren Großvater, den bekannten Chemiker, in die USA holen. „Wir mussten zusammenpacken“, erzählt Schilka-Oehme, „es würde ein Lkw kommen und uns nach Berlin bringen“, hieß es. Sie erinnert sich noch gut an das Abenteuer der Flucht: Von Berlin ging es mit einem Rosinenbomber nach Lübeck. Während ihre Familie dem Vater über die Stationen seines Engagements folgte, wollte der Großvater nicht nach Amerika. „Er ging zurück nach Jena, wo er bis zu seinem Tod lebte“, sagt sie.
Märchen ohne Worte erzählen
Für sie begann 1956 das Leben in der Schweiz. 1979 kam sie zurück nach Deutschland. Heute ist das Landhaus ihres Urgroßvaters dank der Wende für sie ihr Heim, ihr Reich, ihre Zuflucht. „Ich liebe es“, sagt sie, „hier bin ich zu Hause.“ Im Haus, im Garten, in der Natur. Ein bisschen wie im Märchen. Das liegt in der Familie.
Manches ist über den Wald- und Märchenmaler Franz Hein gesagt und geschrieben worden: Beeinflusst war sein Schaffen vom Zeitgeist und der Zeitstimmung, er sah sich als Nachfolger von Moritz von Schwind in moderner Gestalt und Empfindung, und er schuf Märchen, neue Märchen, die ohne Worte verständlich sind. Das mag man wissen oder auch nicht. Viel wichtiger ist dieses tiefe Gefühl des Glücks und kindlichen Vertrauens, das man beim Betrachten seiner Bilder empfindet, diese kleine Flucht aus dem Alltag, die Erinnerungen an eigene Geschichten, Träume und Hoffnungen. Der Besuch in der bis zum 17. April verlängerten Ausstellung lohnt also, für Besucher jeden Alters. (mz)
Geöffnet ist das Museum Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr.
