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Menschen gehören zu ihrem Leben

Von Angelika Andräs 12.05.2006, 16:22

Zeitz/MZ. - Egal, worüber sie spricht, es ist ein Stück Leben, gelebte Erfahrung. Pfarrerin ist sie seit 30 Jahren, seit 26 in Zeitz. Und das aus Berufung.

Geboren wurde Elisabeth Becker in Leipzig. 1949, mit drei Jahren, erkrankte sie an Scharlach und wurde sie schwerhörig. Sie kam auf die Sprachheilschule, die Schwerhörigenschule. An der einzigen Oberschule für Hörgeschädigte in Berlin machte sie ihr Abitur und kam 1964 zurück nach Leipzig. "Ich wollte eigentlich die mittlere Laufbahn einschlagen", erzählt sie, "Physiotherapie. Aber ich wollte auch gern Orgel spielen. Doch das Problem war, dass ich die Register nicht ziehen konnte, weil ich es nicht hörte." Ein Dozent aus ihrer Gemeinde fragte schließlich, warum sie denn nicht Theologie studieren wolle. Sie machte es.

Durch Kontakte zu einem Pfarrer in Münchenbernsdorf in Thüringen absolvierte sie auch ihre Praktika dort. Nach dem Predigerseminar in Eisenach und dem zweiten theologischen Examen war sie auch im Oberlinhaus für taubblinde Menschen in Babelsberg. Dabei, sagt sie, wollte sie doch nie in die Schwerhörigenarbeit. "Aber Gott hat mich wohl da hingestellt."

Nach der Ordination blieb sie allerdings in Thüringen. Bis sie 1977 als ledige Pfarrerin ein Kind bekam. Im Interesse ihrer Gemeinde ging sie nach Berlin in die Gehörlosengemeinde. Doch ihr Weg war ihr anders bestimmt. 1979 heiratete sie und kam mit ihrem Mann - nach Zeitz. "Wobei es vielleicht ganz interessant ist", fügt sie ein, "dass meine Großmutter in Zeitz gelebt hat. Wir sind als Kinder gern zu ihr gefahren." Ihr Urgroßvater war Kantor in Wittgendorf. So schließt sich der Kreis.

Sie begann in Loitzschütz. Sie sagt: "Meine erste Gemeinde, meine erste Liebe." Nach und nach kamen Kleinpörthen, Großpörthen, Wittgendorf und Rippicha dazu. 1981 wurde ihr zweiter Sohn geboren, ein Jahr später die Tochter. Der Gemeindearbeit gehörten 50 Prozent ihrer Tätigkeit, die andere Hälfte war die Hörgeschädigtenseelsorge der Kirchenprovinz Sachsen. Geleistet hat sie eher 200 Prozent. Denn irgendwo nicht mehr hingehen, das Telefon läuten lassen, das gab es für Pfarrerin Becker nie. "Ich habe meinen Dienst schon vor meiner Familie gemacht, das war für die Familie nicht immer leicht", bekennt sie. Aber ihr Mann habe ihr ganz wundervoll den Rücken freigehalten. Und schließlich habe sie auch viel zurückbekommen. "Es gab immer Menschen aus unterschiedlichen Gemeinden, die mich getragen haben, die mir das Wort Gottes zugesprochen haben." Ihnen wird sie verbunden bleiben, wenn sie sich jetzt auch mehr der Musik zuwenden will, lesen, sich um den Garten kümmern. Denn eigentlich wollte sie in ihrem Leben nie etwas anderes, als immer mit Menschen zu tun zu haben.