IS-Mitglied aus Zeitz Martin Lemke aus Zeitz: IS-Mitglied bestreitet Folter- und Mordvorwürfe
Berlin/Zeitz - Der deutsche Dschihadist Martin Lemke hat bestritten, während seiner Zeit bei der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) Morde begangen oder Menschen gefoltert zu haben.
„Es gibt keinen Beweis, dass ich irgendjemanden getötet habe, ich habe niemanden bekämpft“, sagte Lemke dem ZDF-Magazin „Frontal 21“ in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview. Der 28-Jährige aus Zeitz in Sachsen-Anhalt gab jedoch zu, für den IS-Geheimdienst gearbeitet zu haben, seine Rolle würde jedoch hochgespielt.
Lemke hat sich IS-Miliz 2014 unter Kampfnamen Abu Jassir al-Almani angeschlossen
„Meine Abteilung war das Technische Büro, nichts anderes“, bekräftigte Lemke Aussagen zweier seiner Ehefrauen. Die beiden hatten der Nachrichtenagentur AFP gesagt, ihr Mann habe sich nicht an Kämpfen beteiligt. „Frontal 21“ sagte Lemke nun, er habe nur ein einziges Mal einen deutschen Gefangenen verhört, aber nicht gefoltert.
Lemke hatte sich Medienberichten zufolge der IS-Miliz 2014 unter dem Kampfnamen Abu Jassir al-Almani angeschlossen. Er wird verdächtigt, gefoltert und womöglich gemordet zu haben. Im Januar war Lemke im Osten Syriens von Kämpfern der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) festgenommen worden. Das Auswärtige Amt hatte erklärt, es habe keine eigenen Erkenntnisse über die Aktivitäten Lemkes.
Lemke will zum Islam konvertierten Deutschen „die Augen öffnen“
Im Interview sagte Lemke nun, er sei „kein gefährlicher Mensch“. Sein Ziel sei es, „Deutschland zu helfen“. Er wolle zum Islam konvertierten Deutschen „die Augen öffnen, dass sie nicht denselben Fehler begehen wie wir, verblendet zu diesem IS zu gehen“.
Martin Lemke schloss sich dem Islamischen Staat 2014 an und lebte in Syrien. Er stieg als einer von wenigen Deutschen bei der Terrorgruppe auf. Lemke war vermutlich in Syrien nicht nur Angehöriger der Sittenpolizei des IS, der Hisbah, sondern soll sogar Kader der Amnijat, so etwas wie der Geheimdienst des IS, geworden sein.
Ein auf das Jahr 2015 datiertes Foto zeigt ihn vor einer Stadt im Nahen Osten, vermutlich Rakka. Dort soll Lemke in einem Stadion an Hinrichtungen beteiligt gewesen sein und Gefangene enthauptet haben, wie ehemalige IS-Kämpfer in den Medien behaupten. Eine entsprechende Aussage soll ein Mann aus dem Nordirak gemacht haben, der Lemke bereits aus Zeitz kannte.
Am 2. November 2014 fliegt Lemke mit seiner Familie von Hannover nach Istanbul und von da aus weiter nach Syrien. Er folgt dem Ruf ins Kalifat. Dort angekommen heiratet er Leonora aus Sangerhausen, die als damals 15-Jährige zum IS gegangen war. Sie ist seine dritte Frau.
Von der inzwischen 19-jährige Leonora aus Sangerhausen gibt es seit zwei Wochen nach langer Ungewissheit wieder ein Lebenszeichen. In Berichten des Fernsehsenders Euronews ist die junge Frau zu sehen, auch Fotos der Nachrichtenagentur AFP existieren von der Ehefrau Lemkes.
Nun ist sie in einem weiteren Video zu sehen. Die 19-Jährige äußerte sich gegenüber der US-amerikanischen Sender CNN, richtet sogar einen Gruß auf Deutsch an ihren Vater. „Ich hoffe, wir sehen uns bald, ich habe dich sehr lieb“, sagt sie, während sie in einem Bus sitzt, der sie in ein Flüchtlingscamp in Nordsyrien bringen soll. In dem Video äußert sie sich auch zu Lemke: „Mein Mann ist kein Kämpfer. Er ist ein Techniker, arbeitet am Laptop. Er hat niemanden getötet.“
Aus Deutschland sind nach Angaben des Innenministeriums seit 2013 „gut 1050 Personen“ in die Kriegsgebiete in Syrien und dem Irak aufgebrochen, um sich dort Dschihadisten-Milizen anzuschließen. Rund ein Drittel von ihnen ist bereits nach Deutschland zurückkehrt. Rund 200 Dschihad-Reisende sind vermutlich ums Leben gekommen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigte an, vor der Rückkehr deutscher IS-Kämpfer „jeden Einzelfall“ prüfen zu wollen. (afp)