Zeitumstellung Mann aus Kayna liebt ein besonderes Schätzchen
Jens Dube aus dem Schnaudertal steigt alle fünf Tage in den Kirchturm hinauf und zieht die Uhr auf . Warum die Kaynaer der Zeit voraus sind.

Kayna/MZ - Stolze 35 Meter ragt der Turm der Kirche Kayna in die Höhe. Alle fünf Tage erklimmt Jens Dube die 92 Stufen. Dieses Mal ist es ein ganz besonderer Aufstieg. „Die Wartung und Zeitumstellung der Uhr stehen an“, sagt Dube am Freitagnachmittag. Dann sind die Kaynaer der Zeit voraus, denn die eigentliche Umstellung auf Sommerzeit erfolgt schließlich erst in der Nacht zum Sonntag. Dube hält die Uhr für eine Stunde an, fettet während dieser Zeit verschiedene Schraubverbindungen, schmiert Lager und wartet die Mechanik.
Seit zwölf Jahren kümmert sich der 60-Jährige um die Uhr. „Es ist mein Schätzchen, denn ich liebe alte Uhren, habe zu Hause einen Regulator und mehrere mechanische Uhren“, erzählt Dube. Auch am Handgelenk trägt er eine mechanische Armbanduhr. Doch zurück zur Kirche.

Zwei Uhrenblätter zeigen die Zeit an, dahinter in der Turmhaube befindet sich die Mechanik. Turmuhren waren die ersten mechanischen Uhren überhaupt und fanden bereits Ende des Mittelalters Verbreitung. Sie waren schon immer sehr teuer. „Für unsere Uhr in Kayna haben die Bauern Geld gesammelt“, erzählt Dube weiter. Zuerst wurden Spenden für die Glocke gesammelt und 1867 zwei imposante Exemplare im Turm aufgehangen. Zwei Jahre später folgte die Uhr. Die Inschrift ist bis heute sehr gut lesbar und lautet: 1869 hergestellt, Bad Dürrenberg, Kerster & Sohn.
„In fünf Tagen geht die Uhr eine Minute nach, dann muss ich sie stellen und neu aufziehen“, erzählt Dube weiter. Er steckt eine Handkurbel an und muss diese 120 Mal drehen. „Ich wünsche mir, dass dieses mechanische Uhrwerk bloß nicht durch einen neuen elektrischen Antrieb ersetzt wird. Für mich ist es erhaltenswertes Kulturgut“, sagt Dube. Doch das gute Stück ist in die Jahre gekommen, die letzte Sanierung sei schon viele Jahrzehnte her. Dube erzählt weiter: In den Turm hat es immer wieder mal hineingeregnet oder im Winter -sogar hineingeschneit. Er hat Pfützen aufgewischt, Löcher im Dach notdürftig geschlossen. Gelegentlich verirrt sich mal ein Vogel hinein und findet den Ausgang nicht wieder. Auch hier hat Dube geholfen und eine Luke geöffnet. Sorge bereitet ihm allerdings, dass der Taubenschutz defekt ist und die Vögel an einigen Stellen viel Dreck machen.
„Hier Hand anzulegen, würde viel Geld kosten. Und auch eine geplante Sanierung der Mechanik ist am nicht vorhandenen Geld gescheitert. Kostenvoranschläge gab es schon. Wir müssten wieder sammeln, so wie die Bauern vor 150 Jahren“, sagt Dube. Er wohnt in Kayna und sei freilich nicht der Erste gewesen, der regelmäßig in den Turm hinaufstieg. „Bis in die 1960er Jahre ist Frau Löser jeden Tag hinaufgegangen, danach wurde ein Flaschenzug mit einem Gewicht von 70 Kilogramm angebracht und so muss man nur noch aller fünf Tage hoch“, erzählt Dube. Sein Vorgänger W. Sander und andere haben ihre Namen in den Balken neben der Uhr verewigt und so ein Stück Kaynaer Heimatgeschichte mitgeschrieben.