Leute von nebenan Leute von nebenan: Naumburg mit der Schweiz getauscht
Naumburg. - Dr. Ivo Lappe hat sich um eine Oberarztstelle beworben, Antwort kam aus dem schweizerischen Diessenhofen; Schaffhausen auf deutscher Seite ist nicht weit davon. Unter elf Mitbewerbern bekam er den Zuschlag. Am 4. August ist erster Arbeitstag. Der junge Mediziner ist dann Oberarzt in der Thurgauer Klinik St. Katharinental, einer vor sechs Jahren rekonstruierten und modernisierten Rehaklinik mit neun Ärzten und 54 Betten. Eingerichtet ist sie in einem historischen Klostergebäude. Das Gehalt ist höher als in Deutschland. Der Arbeitsvertrag geht von der 50-Stunden-Woche aus, bei 20 Tagen Urlaub und zehn Feiertagen im Jahr. Eine Wohnung wird den Neuankömmlingen gestellt.
Für die Schweiz haben beide eine Daueraufenthaltsgenehmigung erhalten. Michaela Peterwitz hat noch keine Arbeitsstelle, aber alles getan, dass das nur eine Frage der Zeit ist. Gute Hotelfachkräfte sind gefragt - und die gelernte Steuerfachgehilfin hat in den letzten Jahren alles daran gesetzt, um eine solche zu werden. Nach einer zweijährigen Ausbildung im Fünf-Sterne-Hotel Dorint in Weimar ist sie mit hervorragenden Noten vorfristig Hotelfachfrau geworden. Erste Berührungspunkte mit der Gastronomie hatte sie schon Jahre zuvor. "Es war Zufall", sagt Michaela.
Der Antiquar Wieland Führ suchte jemand für sein Café in der Engelgasse und der Arbeitsplatz gefiel ihr. Bei Führ haben sich auch Michaela und Ivo kennen gelernt. Ivo Lappe stammt aus Eisenhüttenstadt, studierte in Halle, bekam über einen Freund eine Stelle in einer orthopädischen Praxis in Weißenfels, war dann drei Jahre am Krankenhaus in Naumburg und zuletzt in der Rehaklinik I in Bad Kösen. Den Facharzt für Orthopädie hat er an der Orthopädischen Klinik in Eisenberg erworben und promoviert. "Michaela servierte mir warmen Holunderbeersaft mit Zimt", erinnert sich der junge Arzt an die erste Begegnung im Engelgassen-Café. Ivo trank dann öfters das nichtalltägliche Getränk. Seit drei Jahren leben sie zusammen.
Ein besonderes Refugium in der Wohnung in der Naumburger Herrenstraße war die Küche, das Reich von Ivo, der einen großen Freundeskreis mit seinen Künsten begeisterte: Gerichte der mediterranen und thailändischen Küche. Michaela kocht nicht zu Hause. Da habe sie Küchenverbot, sagt sie. Ihr Hobby ist die Malerei. Großformatige Gemälde, Acryl auf Leinwand in freier abstrakter Gestaltung, gehen mit in die Schweiz. Ihr Freund packte spezielle Pfannen und Töpfe ein, nicht ohne zuvor ein letztes Mal gekocht zu haben: Zum Abschied gab es Red Thai Curry.