Konflikt in Kindereinrichtungen Konflikt in Kindereinrichtungen: Wo fängt sexuelle Belästigung unter Kindern an?

Zeitz - Wo hört kindliche sexuelle Neugier auf und wo fängt sexuelle Belästigung unter Kindern an? Ein schwieriges Thema. Ein Problem, mit dem Träger von Kindereinrichtungen sehr häufig konfrontiert werden. Scheinbar steigt die Zahl von Belästigungen in Kindergärten. Psychologen meinen allerdings, dass dem nicht so sei. Vielmehr sei die Gesellschaft deutlich mehr sensibilisiert.
Auch in Zeitzer Kindereinrichtungen kommt es vor, dass Kinder andere auf die Toilette verfolgen, ins Höschen schauen wollen. In einem Fall waren die Übergriffe, wie eine Mutter schildert, aber offensichtlich gravierend. Zum Schutz der Kinder und der Einrichtung, die gerade zum normalen Alltag zurückzukehren versucht, werden keine Namen genannt. Allerdings hat die MZ versucht, Antworten auf drängende Fragen zu finden.
Welche Vorwürfe gab es von den Eltern?
Ein Junge habe die Mädchen in der Kita zuerst über längere Zeit verbal bedrängt, später auch versucht, ihre Hosen herunterzuziehen und sie anzufassen. Die Eltern versuchten, zuerst mit der Erzieherin zu reden. Und an dieser Stelle setzte offenbar das ein, was zu massiven Beschwerden von Eltern beim zuständigen Fachbereich in der Zeitzer Stadtverwaltung führte.
Die Erzieherin reagierte in keiner Weise so, wie die Eltern es erhofften und erwarteten. Ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Eltern und Erziehern sei nicht mehr möglich, sagt eine Mutter, die Aufsichtspflicht sei verletzt worden. Auch reagierte die Stadt Zeitz als Träger zumindest aus Sicht eines Elternpaars nicht ausreichend.
Wie und wann hat die Stadt Zeitz reagiert?
In einem Gespräch mit Bürgermeisterin Kathrin Weber, der Verantwortlichen für die Kindertagesstätten Andrea Besser und Pressesprecherin Susanne Janicke legte die Stadtverwaltung als Träger fast aller Zeitzer Kindereinrichtungen vor, was wann und wie geschehen ist: Am 3. Juli wurde die Erzieherin von einer Mutter angesprochen, einen Tag später wurde der Fachbereich soziales Zeitz von den Eltern in Kenntnis gesetzt.
Dessen Mitarbeiterinnen nahmen am 5. Juli Rücksprache mit den Erzieherinnen in der Kita. Gleichzeitig wurde das Jugendamt des Burgenlandkreises informiert und in die Problematik einbezogen. In den folgenden Tagen gab es verschiedene Gespräche, es wurde auch festgelegt, dass es keine unbeobachteten Situationen mehr geben darf.
Am 12. Juli fand eine Elternversammlung statt, in der die Eltern informiert wurden und über die weitere Verfahrensweise gesprochen wurde. Begleitet wurde das sowohl vom städtischen Fachbereich als auch vom Jugendamt. Mit Beginn des neuen Schuljahres gab es personelle Veränderungen in der Kita. Am 18. August eine weitere Elternversammlung und im September und Oktober Schulungen für die Erzieherinnen.
Weitere Seminare liefen im November. „Grundsätzlich gilt: Sexuelle Neugier unter Kindern ist ein Thema, das in Kitas regelmäßig an der Tagesordnung ist“, erklärt Bürgermeisterin Kathrin Weber, „zur Vermeidung von Übergriffen und Fehlverhalten muss das Personal regelmäßig geschult und die Eltern müssen informiert werden.“
Was wird die Stadt als Träger künftig tun?
Seminare zum Thema gewaltfreie Kommunikation beziehungsweise zum Vermitteln dieses Umgangs werden für Erzieherinnen durchgeführt. Auch in anderen Kindereinrichtungen sind solche Schulungen nach Bedarf geplant. Zur Vermeidung von Übergriffen unter den Kindern und Fehlverhalten der Erzieher wird das Personal regelmäßig geschult. Eltern werden über die Problematik im Rahmen thematischer Elternabende informiert.
Kinder sollen in den Kitas lernen und erfahren, dass sie ein Recht darauf haben, nein zu sagen. Gemeinsam sollen dazu Regeln, Stopp-Wörter und Stopp-Zeichen vereinbart und eingehalten werden. Das kindliche Bildungs- und Erkundungsverhalten muss pädagogisch begleitet werden. Ängste und Sorgen der Eltern müssen aber ernst genommen werden. Hier kann auch die enge Zusammenarbeit der Stadt mit dem Jugendamt des Burgenlandkreises helfen, wenn fachlicher Rat und fachliche Unterstützung benötigt werden.
Wie sollten Eltern in solchen Fällen reagieren?
Der erste Ansprechpartner sollte trotz der Erfahrungen, die die Eltern im konkreten Fall schilderten, die Erzieherinnen und die Leiterin der jeweiligen Kindertagesstätte sein. Sollten sie sich dort missverstanden fühlen oder zu keinem Ergebnis kommen, dann sollen sie sich an den Träger der Einrichtung wenden. Hilfe und Informationen gibt es natürlich auch an anderen Stellen.
Wo gibt es Rat und Hilfe für Eltern?
Das Jugendamt des Burgenlandkreises in der Schönburger Straße in Naumburg ist ein fachlich fundierter Ansprechpartner ([email protected]). In Halle gibt es den Verein Wildwasser in der Großen Steinstraße 61-62. Wildwasser ist eine gemeinnützige Facheinrichtung gegen sexuelle Gewalt an Mädchen und Frauen in Deutschland (www.wildwasser-halle.de). (mz)