Hotel "Weiße Elster" in Zeitz Hotel "Weiße Elster" in Zeitz: Unglück als Chance gesehen

zeitz/MZ - Ines und Jens Scheer können wieder lachen, denn seit dieser Woche empfangen sie in ihrem Hotel „Weiße Elster“ in der Zeitzer Albrechtstraße wieder Gäste. Ein halbes Jahr herrschte in der Drei-Sterne-Herberge kein Hotelbetrieb, stattdessen gaben sich Handwerker in dem Haus die Klinke in die Hand. Das Juni-Hochwasser vom vergangenen Jahr hatte dem Haus zugesetzt und dem Inhaberehepaar ein halbes Jahr lang ihre Einnahmequelle genommen.
Am 19. Januar lädt das Hotel „Weiße Elster“ zu einem Tag der offenen Tür ein. Von 10 bis 16 Uhr können sich die Zeitzer im Haus umschauen und davon überzeugen, was sich seit dem Hochwasser im Hotel verändert hat. Ein Blick in die Zimmer ist möglich ebenso wie in die öffentlich zugänglichen Räume des Frühstückshotels, das es seit 1993 in Zeitz gibt. (ric)
„Die Schadenssumme liegt bei 612 000 Euro. Im Keller und im Erdgeschoss war alles kaputt“, sagt Jens Scheer. Und damit meint er Fußböden, Wände, Heizungs- und Elektroanlagen, Mobilar. Lediglich vier Hängeschränke der alten Kücheneinrichtung und ein Sideboard sind von der ursprünglichen Ausstattung geblieben. Das Regalbrett will er mit einer Hochwassermarke versehen und dieses als Erinnerungsstück im Haus anbringen. Ansonsten hat das Ehepaar mit dem Naturereignis abgeschlossen. „Ich kann mir die Fotos vom Hochwasser gar nicht ansehen, wir wollen damit abschließen und blicken nach vorne“, gibt sich Ines Scheer optimistisch.
Denn das Ereignis war für die beiden ein Schock, hatten sie das kleine Hotel doch gerade mal anderthalb Jahre zuvor gekauft. „Es war schon immer mein Traum, ein eigenes Restaurant zu führen, schließlich wurde es ein kleines Hotel“, erklärt Jens Scheer, der gelernter Koch und Küchenleiter ist und jahrelang für eine Vertriebsfirma im Außendienst tätig war. Im Internet war der gebürtige Leipziger auf das Angebot in Zeitz gestoßen. Und nach der Übernahme investierten die Scheers in die Modernisierung und Renovierung der 22-Zimmer-Herberge, die sich gut entwickelte. In kurzer Zeit konnten die beiden die Auslastung von 30 Prozent auf 67 Prozent steigern. Vor allem Geschäftsreisende von Firmen der Region aber auch zunehmend Privatreisende nächtigen in dem kleinen Frühstückshotel. „Für mich ist es der größte Lohn, wenn die Leute zufrieden sind und sich auch so äußern“, sagt Jens Scheer. Dann kam die Nacht zum 3. Juni und das Wasser des Mühlgrabens strömte ins Haus, stieg auf 1,20 Meter an und zerstörte erst einmal den Traum des 47-Jährigen. Zum Glück waren die Scheers versichert, so dass die Versicherung etwa 80 Prozent der Kosten deckte. Doch verschiedene Verbindlichkeiten mussten weiter gezahlt werden. Allein die Stromkosten für die neunwöchige Trocknung des Hauses beliefen sich auf 6000 Euro.
Doch den Scheers gelang es, dem Unglück auch etwas Gutes abzugewinnen. „Wir haben die Chance genutzt und beim Wiederaufbau auch eigene Ideen verwirklicht. Ohne das Wasser hätten wir das jetzt nicht getan“, meint der 47-Jährige, der sich vor Jahren mit einem Parfüm- und Geschenkevertrieb ein zweites Standbein aufgebaut hat und dank dessen „überleben“ konnte. So wurde nicht nur die Möblierung der Rezeption und des Frühstücksraumes nach eigenem Geschmack gestaltet. Weil das Hochwasser eine Wand weggerissen hatte, bot sich die Möglichkeit, den Grundriss zu verändern und drei Zimmer, einen Büroraum sowie einen Küchenteil in zwei moderne barrierefreie Komfortzimmer zu verwandeln. In einem der neuen Zimmer konnte sogar schon der erste Gast empfangen werden. „Ein Stammgast aus Saarbrücken hat jeden Monat bei uns angerufen und nachgefragt. Er wollte erst wieder nach Zeitz kommen, wenn wir neu eröffnet haben“, berichtet Jens Scheer von großer Anteilnahme.
Noch steht in den Kellerräumen des Hotels einiges an Arbeit an. Das Meiste der Wiederaufbauarbeiten haben im Übrigen fast ausschließlich Firmen aus Zeitz und der Region erledigt, das war Jens Scheer wichtig.