Himmelsscheibe von Nebra Himmelsscheibe von Nebra: Für Bögen die Sterne versetzt
Nebra. - Die Himmelsscheibe ist nämlich ganz offenbar in mehreren Phasen hergestellt bzw. bearbeitet worden. Zuerst zeigte die Scheibe vermutlich nur Sterne, Mondsichel und den großen runden Himmelskörper, der als Sonne, aber auch als Vollmond interpretiert werden kann. Sicher jedenfalls ist, dass die Bögen am Rand, die den Horizont darstellen, später hinzukamen. Als man die Bögen auf die Scheibe setzte, waren ganz offensichtlich einige der Sterne im Wege. Zwei Sterne mussten komplett herausgenommen, ein weiterer ein Stück verschoben werden. "Wurden die Bögen nur wenig später als die Sterne aufgebracht, hat der Handwerker möglicherweise einfach nur nachgebessert, weil der Sternenpriester mit dem Stück nicht zufrieden war", erläuterte Wunderlich. Wenn er für Horizont und Sterne Gold von der selben Charge verwendet hat, wäre das zu vermuten. Unterscheidet sich das Material aber, wurde die bildliche Darstellung möglicherweise erst sehr viel später verändert, sozusagen lange nach Ablauf der Gewährleistungspflicht. Daraus wiederum könnte auf eine Veränderung der Funktion der Scheibe geschlossen werden.
Aus der bildlichen Darstellung der ersten Phase ließe sich auf einen Mondkult schließen. Die Horizonte und das Sonnenschiff, dessen Material schon äußerlich vom Gold der Sterne abweicht, sind hingegen ziemlich klar auf die Sonne bezogen. Damit würde sich dann die Frage stellen, ob es vor 3 600 Jahren in dieser Gegend so etwas wie eine Kulturrevolution gegeben hat.
Nicht weniger interessant ist die Technik, in der das Gold in die Bronze eingelegt wurde. Die Fachleute sprechen von Tauchieren. Die Technik ist aus dem griechischen Mykene bekannt, wo man sie perfekt beherrschte. Alles spricht für einen Kulturtransfer, meint Wunderlich. "Vielleicht ist es ja ein Wanderhandwerker aus dem Mittelmeerraum gewesen, von dem sich der Nebraer Handwerker die Einlegetechnik absah." Dass die Scheibe hier entstanden ist, bezweifelt Wunderlich indessen nicht. Die Beziehung der Darstellungen zum Fundort am Mittelberg bei Wangen sei eindeutig.