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Flüchtlinge in Kretzschau Flüchtlinge in Kretzschau: Freiwillige helfen beim Lernen Basteln und Spielen

Von Yvette Meinhardt 22.11.2015, 18:46
Veronika Eisenschmidt lernt mit Kindern spielerisch die Farben des Schwungtuches und das Zählen.
Veronika Eisenschmidt lernt mit Kindern spielerisch die Farben des Schwungtuches und das Zählen. Marco Junghans Lizenz

Kretzschau - Es ist kalt geworden in Deutschland, ein 17-jähriges Mädchen aus Syrien hat sich eine dicke Pudelmütze aufgesetzt und in einen Schal eingemummelt. „Die Gastfreundschaft der Deutschen erwärmt unsere Herzen. Wir sind ihnen sehr dankbar, für alles was sie für uns tun“, sagt ihr Vater Tarek Hakim. Der 52-Jährige ist mit einer Tochter und einem Sohn vor 13 Tagen in Kretzschau angekommen. „Wir waren 35 Tage unterwegs, mit dem Bus, mit dem Zug und zu Fuß. Wir haben zehn Tage kein Auge zugemacht. Meine Frau und drei weitere Kinder habe ich Zuhause gelassen“, sagt Tarek Hakim.

Er fühlt sich wunderbar aufgehoben in Kretzschau. Auch an diesem Sonntag sind einmal mehr unzählige Freiwillige auf den Beinen, lernen mit den Flüchtlingen Deutsch, malen und basteln mit den Kindern, spielen Fußball und Tischtennis. „Eigentlich sollte es ein Grillfest werden, doch es ist einfach zu kalt“, sagt Sozialarbeiterin Anja Reißmann.

35 Freiwillige engagieren sich an diesem Tag. 95 Flüchtlinge aus Syrien leben derzeit in Kretzschau. „Ich komme zwei- bis dreimal die Woche, helfe, wo es nötig ist, mal in der Kleiderkammer, mal beim Deutschlernen“, sagt Wendy Glaß. Die Flüchtlinge nehmen es gerne an. „Am Anfang fiel mir Deutsch schwer, doch von Tag zu Tag habe ich mehr Spaß daran“, sagt Tarek Hakim. Der 52-Jährige steht früh auf, lernt täglich von 6 bis 8 Uhr im Selbststudium, nimmt am Deutsch-Kurs teil und lernt nachmittags mit den ehrenamtlichen Helfern.

„Ich möchte so schnell wie möglich arbeiten und von meinem Geld meine Familie ernähren“, sagt er. Zu Hause in Syrien hat er zweimal studiert, so ist er von Beruf Bauingenieur und Mathematiklehrer. „Trotz zweier Berufe konnte ich in Syrien meine Familie nicht ernähren“, erzählt der 52-Jährige. Dennoch lebte er in Syrien in einem eigenen Haus, besaß ein eigenes Auto und die Kinder studierten an einer Universität. Warum er nach Deutschland gekommen ist?

„Aus politischen Gründen“, sagt er ohne ins Detail zu gehen. „Und weil ich meinen Kindern eine bessere Zukunft bieten möchte.“ Hakim spricht perfekt Englisch, kann Spanisch und Französisch, Arabisch und immer besser Deutsch. „Ich fühle mich wohl in Deutschland, wünsche mir aber nichts sehnlicher, als dass meine Frau und die anderen drei Kinder bald nachkommen.“ Dieses Mal hilft Anja Reißmann beim Übersetzen, doch die Verständigung klappt immer besser. Flüchtlinge und Deutsche kommen miteinander ins Gespräch. Jenny Lehmann hat ihre Gitarre dabei. „Vielleicht ergibt es sich, dass wir gemeinsam singen“, sagt die 17-Jährige, denn fürs Fußballspielen ist es zu kalt. (mz)

Die Gäste aus Syrien sind sehr wissbegierig. Wendy Glaß (rechts) lernt mit Tarek Hakim und seinen beiden Kindern Deutsch.
Die Gäste aus Syrien sind sehr wissbegierig. Wendy Glaß (rechts) lernt mit Tarek Hakim und seinen beiden Kindern Deutsch.
Marco Junghans Lizenz