Existenzgründung in Zeitz Existenzgründung in Zeitz: Hände für die Füße

Zeitz/MZ - Hier geht es nicht um Zähne. Hier geht es um Zehen. Aber das ist bei einem Blick in Kerstin Pohls neue Praxis nicht gleich ersichtlich. Dort steht ein höhenverstellbarer Patientenstuhl, ein Drehhocker, eine Lampe und Werkzeuge, die an Bohrer erinnern.
Neue Kunden durch „Mundpropaganda“
Kerstin Pohl ist medizinische Fußpflegerin und hat vor eineinhalb Monaten ihre eigene Podologie-Praxis in der Zeitzer von-Harnack-Straße eröffnet. Mit den ersten Wochen als Selbstständige ist sie zufrieden. Das wundert nicht, hatte sie doch vorher in dem Beruf gearbeitet und so Patienten übernommen. Jenseits dessen beschere ihr vor allem die „Mundpropaganda“ neue Kunden, sagt sie.
Vor neun Jahren hat sie die Podologie als ihr Arbeitsfeld entdeckt. Zuvor arbeitete sie in einer Bäckerei, allerdings im Schichtsystem, das sie nicht vertrug. Ihr Körper haderte so sehr damit, dass sie eine Rehabilitationsmaßnahme benötigte und ihr gesagt wurde: Wenn sie diesen Job weitermachen, ginge es nur noch ein paar Jahre gut.
Sie orientierte sich neu - aufbauend auf den Fragen, was sie machen könne und wolle. Sie kam unter anderem zur Medizinischen Berufsakademie Zeitz. Dort wurde ihr gesagt, man habe etwas für sie: Podologie. „Meine erste Reaktion war: Mit Leichen will ich nichts zu tun haben“, erzählt sie lachend im Rückblick. Sie hatte an die rechtsmedizinische Pathologie gedacht. Aber dorthin sollte es nicht gehen, sondern nach Naumburg, wo für medizinische Fußpflege ausgebildet wird. Sie habe sich die Räume angeschaut, sechs Wochen Probeausbildung mitgemacht und entschieden: „Das ist das Richtige.“
Heute hängt der Ausbildungsabschluss hinter dem Empfangstresen ihrer Praxis. Sie mag die Arbeit, das merkt man ihr an, wenn sie davon erzählt: Wie sie oft als Bindeglied zwischen Patienten und Ärzten wirke, manchmal zum Arztbesuch anrege. Dass sie, wenn jemand zum ersten Mal auf ihrem Behandlungsstuhl sitzt, erzählt, worauf die Person achten muss, dass sie Patienten orthopädisches Schuhwerk empfehle. Ihre Erfahrung: „Du musst in dem Beruf ein guter Podologe, ein halber Psychologe und eine Bezugsperson für die Leute sein.“
Hausbesuche als Podologin
Das gilt insbesondere, weil Kerstin Pohl Hausbesuche als Podologin macht - und zwar bei jenen Patienten, denen es nicht möglich ist, die Praxis aufzusuchen, insbesondere Diabetiker benötigen oft medizinische Fußpflege.
Einige ihrer Patienten besuchen sie nun in den neuen Räumen. Genau das war ihr Ziel. Sie hatte zuletzt in Frauenhain (Gutenborn) gearbeitet, doch ihre Chefin wollte kürzertreten und sie musste sich was überlegen. Sie entschied, sich selbstständig zu machen - mit der Begründung: „Wenn ich es jetzt nicht mache, tu ich es nie.“
Ihr Mann Thomas habe sie dabei unterstützt, erzählt sie. Gemeinsam suchten sie Räume. Oft begleitet er sie zu Gründerseminaren. Egopilot Rüdiger Warnicke begrüßt diese familiäre Unterstützung. Die sei nötig - vor allem in schwierigen Phasen. So eine Phase erlebte Kerstin Pohl in der Übergangszeit, als sie sowohl in der früheren Praxis arbeitete, als auch ihre Existenzgründung vorantrieb. „Wir haben uns immer nur nachmittags treffen können“, erinnert sich Warnicke. Vormittags arbeitete Kerstin Pohl. Und doch hat sie einen überzeugenden Businessplan aufgestellt, Warnicke nahm ihn ab und er passte auch, um Gründungszuschuss zu erhalten. Und jetzt, nach seiner Feuerprobe mit der Wirklichkeit? „Das, was drin stand, ist ein Stück weit schon eingetreten“, sagt Kerstin Pohl. Der Egopilot nickt zufrieden: So sollten die Pläne wirken.
Die Podologie-Praxis ist erreichbar unter: 03441/6 28 30 33.