Legendäre Tanzlehrerin Ella Beck: Stadtbekannte Tanzlehrerin war die ungekrönte Königin von Zeitz

Zeitz - Gerade das Tanzen und Feste auf spiegelndem Parkett lösten in den 1950er Jahren einen Kulturstreit in Zeitz aus. Eine überaus bekannte Zeitzerin hatte alle Hände, besser Füße, damit zu tun, dass das angestrebte Tanzverbot vom Tisch gefegt wurde. Schließlich prägte Ella Beck, stadtbekannte Tanzlehrerin und Zeitzer Original, mit Tanzschule und Knigge das gesellschaftliche Leben in Zeitz. Vor 60 Jahren starb diese beeindruckende Frau.
Tanzverbot für „Haus der Freundschaft“ sorgte für Empörung
Nicht wenigen Zeitzern war in den ersten Monaten des Jahres 1951 gehörig das Lachen vergangen und ein Sturm der Empörung aufgezogen, nachdem ein Beschluss des Kreissekretariats der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft (DSF) in der Stadt die Runde machte, der besagte, dass zukünftig keine öffentlichen Tanzveranstaltungen mehr im mitten im Zentrum der Stadt gelegenen „Haus der Freundschaft“, dem ehemaligen „Preußischen Hof“, stattfinden sollen.
Diese würden nämlich dem „würdevollen Charakter des Hauses“, in dem Stalins Antlitz als Büste, Fotografie oder Gemälde zu jener Zeit omnipräsent war, widersprechen.
Allerdings hatten die Stalinisten ihre Entscheidung ohne die Zeitzer gemacht! Die brachten nämlich mit teils heftiger Kritiken den Beschluss bereits nach kurzer Zeit zum Kippen, nachdem die „Freiheit“, Presseorgan der SED, im März 1951 mit der offen gestellten Frage „Wann können wir wieder tanzen?“ an das Kreissekretariat der DSF herangetreten war.
Kulturkampf um Zeitzer Tanzveranstaltungen tobte
Schon längst tobte der Kulturkampf um so manche Tanzveranstaltung im „Tiergartenhof“ oder „Zeitzer Ballhaus“. Mit Argusaugen diskreditierten die Kulturfunktionäre der SED die dort stattfindenden „irrsinnigen Gliederverrenkungen als Auswüchse amerikanischer Barbarei“.
Stattdessen sollten „sinnvolle Tanzveranstaltungen“ für Jugendliche dieser angeblich schädlichen Entwicklung entgegenwirken, so die Argumentation der Gegner des Beschlusses, die von sich selbst behaupteten, „im Tanz den Ausdruck der Lebensfreude“ zu erkennen, der ihrer Meinung nach im „Haus der Freundschaft“ für „Entspannung suchende Werktätige“ am besten ausgelebt werden könnte.
Tanzverbot konnte sich in Zeitz nie durchsetzen
Wie auch immer das Ganze schließlich politisch-ideologisch divers interpretiert wurde, ein Tanzverbot konnte sich nicht durchsetzen, wenn auch die Kapellen in der gesamten DDR zunehmend mit Auflagen von der allmächtigen SED traktiert wurden, um den Einfluss „westlicher Musik“ so gering wie möglich zu halten.
Bereits am 5. und 6. Mai 1951 spielte die Zeitzer Kapelle Willy Butz wieder in großer Besetzung jeweils am Abend im „Haus der Freundschaft“ zum Tanz auf und das sicher zur großen Freude einer Zeitzerin, nämlich Ella Beck (1904-1958), denn wer, wenn nicht sie, wäre damals besser für eine Beurteilung der Tanzlust der Zeitzer befähigt gewesen?
Tanzlehrerin Ella Beck aus Zeitz war die ungekrönte Ballkönigin
Aufmerksam und insgeheim mit großem Kopfschütteln hatte die stadtbekannte Tanzlehrerin, ein Original ihrer Zeit, die heftigen Diskussionen um das angestrebte, aber schnell wieder vom Tisch gefegte Tanzverbot verfolgt, denn das „Haus der Freundschaft“ in der damaligen Leninstraße 13 war neben der „Sophienhöhe“ und allen anderen Zeitzer Tanzlokalitäten seit Jahrzehnten ihre wahre Heimat.
Hier auf dem Parkett war sie die ungekrönte Königin und das immer dann, wenn ihre Schülerinnen und Schüler nach absolviertem Tanzunterricht zum Ball antraten, um ihr Können vor den Augen von Familie und Freunden gesellschaftsfähig unter Beweis zu stellen.
Elle Beck organisierte rauschende Feste für die Zeitzer
Aber nicht nur dann. Immer wieder arrangierte Ella Beck auch besonders beliebte Festveranstaltungen, wie etwa am Abend des 14. Februar 1951 das Kostümfest unter dem Motto „Faschingsschwung für jung und alt“, zu dem auch ehemalige Schüler eingeladen wurden. Es war im wahrsten Sinne ein rauschendes Fest, bei dem die einst sehr bekannte und beliebte Kapelle Willy Butz, mit der die Tanzschule Beck eng zusammenarbeitete, aufspielte.
Dass mit zunehmendem Alter die Erinnerungen des Menschen an ganz bestimmte Personen seiner Kinder- und Jugendzeit wieder einen stärkeren Raum einnehmen, mag zu den ungeschriebenen Gesetzmäßigkeiten des Lebens gehören. Ella Beck zählt unweigerlich dazu, insofern man sie beim Tanzunterricht auf einem der vielen Zeitzer Säle oder beim Privat-Unterricht im eigenen Lehrsaal selbst erleben durfte. Noch heute ist sie bekannter und ihr Name bei vielen über 75-Jährigen viel schneller abrufbar als der so manches Bürgermeisters.
Wer kennt noch Geschichten über Ella Beck?
Aufgrund ihrer Persönlichkeit und vollschlank-kernigen Figur war Ella Beck für Generationen von jungen Zeitzern eine Instanz, der jeder noch so aufgeweckte junge Bursche sofort respektvoll entgegentrat.
››Vielleicht erinnert sich tatsächlich noch der eine oder andere Leser an Ella Beck und seine Tanzstunde, die er bei ihr hatte. Die MZ freut sich in solchen Fällen über Erinnerungen und Geschichten. Per Telefon oder E-Mail:03441/2 26 59 15, [email protected] (mz)


