Dorfkirche in Rippicha Dorfkirche in Rippicha: Vor 40 Jahren verbrannte sich Pfarrer Oskar Brüsewitz

rippicha - Seine Spuren sind überall - auf der Dorfkirche in Rippicha leuchtet bis heute das drei Meter hohe Neonkreuz, gleich neben dem Gotteshaus steht sein Grabstein und vor der Michaeliskirche im Herzen der Stadt Zeitz erinnert eine Säule an das unglaubliche Ereignis. Am 18. August 1976 verbrannte sich Pfarrer Oskar Brüsewitz in Zeitz. Seine Botschaft an alle lautete: „Die Kirche der DDR klagt den Kommunismus an! Wegen Unterdrückung in Schulen an Kindern und Jugendlichen.“
40 Jahre später gehen Mädchen und Jungen der Sekundarschule Elsteraue auf Spurensuche, machen sich auf den Weg nach Rippicha und befragen Zeitzeugen. „Wir haben das damals nicht für möglich gehalten, doch mein Großvater war direkt dabei“, erinnert sich Kornelia Braune. Denn ihr Großvater fuhr mit dem Bus direkt an der Kirche vorbei. Brüsewitz war mit seinem Trabi nach Zeitz gefahren, hat aus seinem Kofferraum einen Kanister geholt, sich mit Benzin übergossen und verbrannt. „Drei Tage danach verstarb er im Krankenhaus in Halle-Dölau.
Menschenauflauf in Rippicha
„Ich erinnere mich noch an die Beerdigung, das war ein absoluter Menschenauflauf in Rippicha“, erzählt Horst Schmidt. Er kam damals mit seiner roten Jawa von Zeitz gefahren. „Auf dem Rotheberg in Richtung Ortsausgang durfte man nur 30 km/h fahren, damit genau registriert wurde, wer hinaus fährt“, fährt Schmidt fort. Eine Bekannte von ihm kam aus Weißenborn bei Kayna mit dem Bus, doch das Fahrzeug wurde gestoppt. Sie marschierte über Umwege und zu Fuß nach Rippicha.
„Es war kompliziert, zu uns zu gelangen. Ich durfte zum Glück durch, denn in meinem Ausweis stand ja der Wohnort Rippicha“, erzählt der Senior heute. Der Friedhof direkt an der Kirche war voll, Hunderte aus nah und fern waren in das kleine Dorf gekommen. Und auch in den Westmedien sorgte das Ereignis für großes Aufsehen.
Der Pfarrer war anders als andere. Er liebte es, im Dorf mit den Kindern Fußball zu spielen, pflügte auch mal eben mit dem Trabi das Feld, ließ seine Hasen frei durch den Garten hoppeln. „Ich bin mit Oskar auf den Kirchturm gestiegen und habe mit ihm gemeinsam das Neonkreuz angebracht“, erinnert sich Schmidt. Das Original steht heute im „Museum in der runden Ecke mit dem Museum im Stasibunker“ in Leipzig. Doch in Rippicha leuchtet längst ein Neues.
Geschichtsprojekt
Zum eigentlichen Jahrestag im August werden verschiedene Veranstaltungen vorbereitet. Hier arbeiten Kirche und Heimatverein bereits seit Monaten zusammen. Laut aktuellem Programm soll es am Donnerstag, dem 18. August, eine musikalische Andacht in der Michaeliskirche in Zeitz geben. Beginn um 10 Uhr. Am folgenden Sonntag, dem 21. August, findet um 14 Uhr ein Gedenkgottesdienst zum Todestag von Oskar Brüsewitz in der Kirche Rippicha statt. Die Predigt soll Landesbischöfin Ilse Junkermann halten. An diesem Sonntag wird auch die Witwe von Oskar Brüsewitz erwartet. Sie ist 88 Jahre alt und wird von ihrer Tochter begleitet. Der Heimatverein bereitet derzeit eine Ausstellung zum Gedenken an den Pfarrer vor. Im Anschluss an den Gottesdienst laden Heimatverein und Kirchengemeinde in das Gemeindezentrum Droßdorf ein. Hier gibt es Kaffee und Kuchen, kann man miteinander ins Gespräch kommen. In diesem Rahmen soll der Film der Schüler gezeigt werden. Die Jugendlichen werden bei ihren Dreharbeiten von der Zeitzer Lupe unter Leitung von Henry Dreblow unterstützt. (yve)
Kornelia Braune erinnert sich, dass sie 1970 von Pfarrer Brüsewitz konfirmiert wurde. Karin Köhler erzählt, dass ihre drei Kinder von Brüsewitz getauft wurden. Die Mädchen und Jungen der Sekundarschule lauschen diesen Geschichten, halten sie mit Mikrofon und Kamera für die Nachwelt fest. „Ich habe von Pfarrer Brüsewitz und seiner Geschichte noch nie etwas gehört“, sagt Vanessa Lech aus der 8b.
Aus diesem Grund macht sie bei diesem Geschichtsprojekt mit. Doch es ist nur eine Handvoll junger Leute, die sich im Rahmen dieses Projektes dafür interessiert. „Eigentlich ist es schon eine spannende Story, doch ich habe noch nie etwas von dem Mann gehört“, sagt auch Matti Sachse. So ist es also ganz praktischer Geschichtsunterricht vor der eigenen Haustür.
Zeitdokumente darüber gibt es noch einige, so ein Buch von Freya Klier über Oskar Brüsewitz oder den großen Dokumentarfilm „Der Störenfried“, der nach der Wende entstand und an dem auch das Filmstudio Würchwitz mitdrehte. „Es wäre wunderbar, wenn der Film zum Jahrestag gezeigt werden könnte,“ sagt Helmut (Humus) Pöschel. (mz)
