Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Keine Besserung in Sicht
ZEITZ/MZ. - Amtsarzt Hartmut Wurzbacher und Silke Brumm, Hauptabteilungsleiterin der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in Sachsen-Anhalt, diskutierten mit den Senioren über die vertragsärztliche Versorgungssituation im Burgenlandkreis. Und die sieht nicht rosig aus:
Trotz Termins müssen Patienten beim Arzt stundenlang warten oder in andere Städte fahren, um überhaupt einen Arzt zu konsultieren. Und das bei immer schlechter werdenden Anbindungen an den ÖPNV. Hinzu kommen extrem lange Wartezeiten auf Termine bei den Fachärzten.
Brumm versuchte zu erklären: Der Altersdurchschnitt der gegenwärtig praktizierenden Hausärzte belaufe sich auf 63 Jahre und älter. Nach deren Ausscheiden können aber nur 65 Prozent der Praxen ärztlich wieder neu besetzt werden. 70 Prozent der Medizinstudenten sind Frauen, die stärker in die Familienplanung eingebunden sind als Männer. Außerdem wandern die Absolventen verstärkt ins europäische Ausland sowie in die USA ab, in die Pharmaindustrie, zu Kliniken oder in die alten Bundesländer.
Seit vergangenem Jahr versuche die KV, diesem Trend entgegenzusteuern. So sei man mit den Medizinstudenten frühzeitig im Kontakt, um sie für die Stelle als Hausarzt zu gewinnen. Die Absolventen haben laut Brumm die Möglichkeit, sich nach ihrem freien Willen niederzulassen. Sie hätten mindestens zehn verschiedene gute Möglichkeiten. Warum sollten sie die schlechteste aussuchen?
Fest stehe ferner, dass es im Burgenlandkreis keine weiteren Niederlassungen von Fachärzten geben werde. Dazu zählen Chirurgen, Orthopäden, Frauenärzte, HNO-Spezialisten, Nerven- und Kinderärzte. Die Hauptabteilungsleiterin sprach von einer "Überversorgung" in Sachsen-Anhalt. Im Burgenlandkreis betrage die sogar 110 Prozent. Das verschlug dem Sprecher des Seniorenbeirates von Osterfeld Reiner Trommer die Sprache: "Wenn wir den Älteren sagen, ,wir sind überversorgt', fassen die sich an den Kopf. Wer soll das verstehen?"
Irgendwann konnte Ria Theil, die Vorsitzende des Beirates, nicht mehr an sich halten: "Wir reden seit mindestens 15 Jahren vom Ärztemangel. Nun fängt die KV an, sich Gedanken zu machen, wie das geändert werden kann. Wir reden und reden und reden." Brumm warf ein, dass die KV nur das Geld ausgeben könne, das sie zur Verfügung habe. Theil dazu: "Es geht doch nicht nur um die Statistik, um Zahlen, sondern um Menschen." Ähnlich äußerten sich Iris Selbmann und auch noch verschiedene andere Mitglieder des Beirates. "Ich habe arge Zweifel, dass das jemals in den Griff zu bekommen ist", so Ria Theil.
Wurzbacher informierte, dass im Burgenlandkreis - rechnerisch gesehen - 0,55 Hausärzte 1 000 Einwohner betreuen. Er nannte weitere Werte: Weißenfels (0,52), Naumburg (0,69) und Zeitz (0,52). Spitzenreiter ist Bad Kösen mit 0,72. Eher schlecht sieht es im Umland von Weißenfels aus (0,49), in der Elsteraue (0,31) und im Unstruttal (0,47).
Es müsse sich dringend etwas im Gesundheitswesen ändern, forderte auch Uwe Bauer, Geschäftsführer der Asklepios Klinik Weißenfels. Auf Nachfrage der MZ sagte er, dass das Niederlassungsverbot für Fachärzte sei 1991 gelte. Die Veränderung der Altersstruktur, besonders im Osten, sei vollkommen außer Acht gelassen worden. Es gebe weniger Kinder, aber mehr Ältere, die öfter zum Arzt gehen müssen und dafür sei ein höherer Aufwand nötig.
"Wir würden einen großen Schritt in die richtige Richtung machen, wenn wir das Schwester-Agnes-Prinzip überall einrichten könnten", sagte Wurzbacher. Er bezog sich dabei auf den Einsatz von mobilen Gemeindeschwestern nach dem Model Verah als Unterstützung für die Hausärzte, besonders im ländlichen Bereich. Derzeit gibt es im Burgenlandkreis 18 Versorgungsassistentinnen in der Hausarztpraxis (Verah), die unter anderem in Zeitz, Weißenfels, in Prittitz und Naumburg sowie auch in Uichteritz und Teuchern eingesetzt sind.