Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Gregor Gysi steht Rede und Antwort in Droßdorf
Drossdorf/MZ. - Ines Stummhöfer ist die letzte, die an diesem Dienstagabend in Droßdorf noch ein Autogramm von Gregor Gysi erhaschen kann. Nicht am Tisch, an dem der populäre Linkspolitiker zuvor Bücher, T-Shirts und Fotografien im Akkord signiert hat. Nein, Ines Stummhöfer, die 42-jährige Frau aus Crossen (Thüringen), erwischt Gysi auf dem Weg zum Auto. Flugs hat er einen Stift in der Hand, lacht und unterschreibt noch schnell. Gysi hat es eilig. Er muss zum nächsten Termin nach Leipzig. Wo genau er dort noch hin muss nach einer knapp zweistündigen Fragerunde im Droßdorfer Gemeindezentrum? Gysi zuckt mit den Schultern: "Das weiß der Fahrer." Ines Stummhöfer indes ist glücklich, nicht nur wegen des Autogramms, auch weil sie fasziniert sei von der Veranstaltung, die sie zuvor erlebt hat: "Mich begeistert der Mann seit 20 Jahren. Stunden wie diese geben mir Mut. Ich denke, ich habe viele gute Gedanken und richtige Ansätze gehört." Die hatten auch Renate Tille fasziniert. Sie erlebe Gysi immer wieder gern, "weil er ein hochintelligenter Mann ist und Fragen sehr gut beantwortet". Sie schätze an ihm seine soziale Einstellung, dass er sich für Menschen einsetze, die es nötig haben.
Mit Renate Tille und Ines Stummhöfer waren rund 200 Gäste nach Droßdorf gekommen, um Gysi zu erleben. Der hielt sich denn auch nicht mit langen Vorreden auf, sondern ging schnell zur Fragerunde über. Da ging es um die europäische Finanzkrise, um Rentenpolitik und Wahlverhalten, um Bildung und ums Bildungssystem, um persönliche Eindrücke und Meinungen. Ein Stück Eheberatung gab es gleich mit dazu: "Wenn sie gegen ihren Partner drei Mal gewinnen, hören Sie auf, wenn Sie nicht aufhören, gefährden Sie die Beziehung. Mehr verträgt einer an Niederlagen nicht", sagte Gysi.
Ausgangspunkt für diesen Rat war eine Frage von Norbert Salzmann. Gysi hatte zuvor festgestellt, dass der westdeutschen Bevölkerung das Vereinigungserlebnis fehle, und die Einheit bis heute darunter leide. "Man hätte wenigstens zehn Strukturen aus dem Osten übernehmen sollen", so Gysi. Darauf wollte Salzmann wissen, wer den Westdeutschen das Vereinigungserlebnis versagt habe. "Das war die Haltung der Bundesregierung unter der Leitung von Helmut Kohl (CDU). Weil Sieger kaum aufhören können zu siegen", so Gysi. Letzteres gelte oft eben auch für Ehen und andere Beziehungen. . .
Am Beginn der Veranstaltung hatte Gysi die Arbeit von Bürgerbewegungen als "ganz wichtiges Mittel in der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung" bezeichnet. Das nicht ohne Grund. Uwe Kraneis (SPD), Bürgermeister der Gemeinde Gutenborn, hatte daran erinnert, dass Landrat Harri Reiche (parteilos) der Bundeswehr die Baugenehmigung für eine Schießanlage mit 26 Bahnen im Zeitzer Forst entzogen hat. Das sei eben auch ein Erfolg der Arbeit der Bürgerinitiative "Kein Schuss im Zeitzer Forst" gewesen. Allerdings, so Gysi, müsse man auch wissen, dass Bürgerinitiativen häufig keinen Erfolg haben. "Das ist dann so enttäuschend, dass viele dann gar nicht mehr mitmachen wollen." Deshalb freue er sich, dass für den Zeitzer Forst zumindest ein Teilerfolg gelungen ist.
Was aber nimmt Gysi für sich aus Veranstaltungen wie der in Droßdorf mit? "Zum Beispiel die Erkenntnis, dass meine Forderung danach, dass die öffentliche Daseinsvorsorge auch im öffentlichen Eigentum stehen muss, Anklang findet", so Gysi.