Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Enkel fühlen sich im Dorf ihrer Vorfahren wohl
OSTRAU/MZ/BAR. - An diesem Tag bringt sie gerade noch rechtzeitig die elfjährige Clara-Charlott vom Gitarrenunterricht an den Familien-Kaffeetisch, an dem schon der neunjährige Johann-Otto-Hilmar und die dreizehnjährige Luise-Kathrin mit dem Vater sitzen. Die Familie hat es mit den doppelten Vornamen, was wohl mit der Familientradition zusammenhängt. Brandts stehen für eine alteingesessene Bauernfamilie in Ostrau, das die Witwe Ursula Brandt 1957 in Richtung Ostsee verließ. Nach der Wende kamen Sohn Hilmar und Enkel Kai-Uwe mit ihren Familien als Wiedereinrichter zurück und bauten eine Champignon-Zuchtanlage auf.
Kai-Uwe Brandt wuchs an der Ostsee auf, studierte an der Ingenieurschule Zierow bei Wismar Pflanzenproduktion und lernte dort seine Frau kennen. Sie kam aus Leuna und wusste schon in der zweiten Klasse, dass sie später Bäuerin mit Tieren an der Ostsee sein will. Es kam etwas anders.
Später wäre sie gern in Hamburg geblieben, aber sie sträubte sich auch nicht lange, als ihr Schwiegervater und ihr Mann nach Ostrau wollten. 1994 ging es zurück in die alte Heimat der Brandts. Da wohnten Elvira und Hilmar Brandt vorerst im ehemaligen Gesindehaus des alten Familiengutes und die junge Familie zog in eine Mietwohnung nach Theißen. Luise war vier, als diese Übergangssituation endete, ging dann in den Reudener Kindergarten und hat heute Freundinnen in Etzoldshain, Rehmsdorf und Profen. Sie ist in der Jugendfeuerwehr Minkwitz aktiv und reitet mit ihrer Mutter in Pegau. Die Älteste der jüngsten Generation der Brandts ist angekommen im Dorf der Vorfahren.
Dabei hatte Kai-Uwe Brandt durchaus Bedenken. Schließlich war die Großmutter im Bösen von Ostrau weggegangen. "Ich habe befürchtet, dass das nicht so angenehm werden würde, wenn wir wieder da sind. Aber es war ganz anders", sagt er. Er habe nie das Gefühl gehabt, ausgegrenzt zu werden. Man habe im Gegenteil Hilfsangebote bekommen.
Sein eigener Einstieg ins hiesige gesellschaftliche Leben kam mit dem Eintritt in die Freiwillige Feuerwehr Reuden. "Dadurch habe ich viele Leute kennengelernt. Das rechte Interesse dafür hat sich dann so ergeben", erzählt er. Qualifiziert hat er sich und im November 2008 war er auf einmal der Reudener Ortswehrleiter. Da muss er rechnen, was seine Zeit betrifft, zumal im Herbst des selben Jahres sein Vater ins Altenteil ging und er seitdem allein die Verantwortung für die Champignonzucht trägt. Man sehe sich ja leider nur selten im Dorf. "Aber die 888-Jahr-Feier voriges Jahr habe ich sehr genossen", sagt er.
In vielem hält ihm seine Frau den Rücken frei. Sie hilft im Familienunternehmen und besetzt auch den Marktwagen. Ansonsten ist sie Hausfrau, sieht zu, dass ihre drei Kinder ihren Freizeitbeschäftigungen nachgehen können, kümmert sich um Haus, Hof und Garten. Tiere wünsche sie sich manchmal, sagt sie und lächelt still, aber sie sei auch ohne diese voll ausgelastet. Und auch sie fand eine Freundin in Reuden, mit der sie gelegentlich etwas unternimmt. "Meine Familie ist schon okay", meint der neunjährige Johann großzügig. Es sei nur doof, dass es in Ostrau so wenige Kinder gibt. "Aber ich treffe mich ja in der Schule in Tröglitz mit meinen Freunden Tom, Neo und Leon."