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Abschied nach 40 Jahren Abschied nach 40 Jahren: Schulleiter läutet ein letztes Mal

Von Yvette Reinhardt 20.06.2002, 18:45

Zeitz/MZ. - Am Mittwoch läutete die Schulklingel der 5. Grundschule in Zeitz-Ost nicht nur für Schüler und Lehrer die lang ersehnten Ferien ein, für Schulleiter Jürgen Patzer erklang das vertraute Klingeln zum letzten Mal. Nach 40 Jahren Schuldienst geht der 59-Jährige in den Ruhestand.

"Wir wünschen Ihnen viel Glück in Ihrer neuen Schule", sagten Schüler und Mütter zum Abschied. Nein wirklich, dass dieser gut aussehende Mann in den Ruhestand geht, wollte selbst der Hausmeister nicht glauben. Patzer ist ein hoch gewachsener sportlicher Typ, braun gebrannt von der Gartensonne und immer gut drauf. "Na ja, wenn man im Mathe-Unterricht rumklapst, schimpft er schon mal. Doch andererseits, wenn er nicht so streng wäre, hätten wir nicht so viel gelernt", sagt Vanessa Chemnitz aus der 4 b. "Werken bei Herrn Patzer und ein bisschen Mathe waren schon meine Lieblingsfächer", stimmt Daniel Bernstein aus der 4 a zu.

"Unser Schulleiter fand die richtige Balance zwischen Strenge und Leichtigkeit. Der fetzt, habe ich oft unsere Kinder sagen hören", vertritt Heidrun Dännhardt als stellvertretende Schulleiterin die Meinung des Lehrerkollegiums. Mit Patzer geht der einzige Mann des Kollegiums, und das bedauern Lehrerinnen und Schüler gleichermaßen. "Nein, ich habe mich nie wie der Hahn im Korbe gefühlt", sagt Patzer. Doch war er der Mann, der - falls es sein muss - auch einmal kräftig auf den Tisch hauen kann.

"Eigentlich wollte ich schon immer Lehrer werden", blickt der 59-Jährige zurück. Die Grundlagen der Pädagogik studierte er am Lehrerinstitut in Weißenfels. In Zeitz unterrichtete er an der 7. und 10. POS (Polytechnischen Oberschule). Seit zehn Jahren leitet er die 5. Grundschule am Platz der deutschen Einheit. "Die ersten Jahre nach der Wende brachten auch im Bildungssystem eine Aufbruchstimmung", erinnert sich Patzer. Unter der damaligen Landesregierung wurde ein neues Bildungssystem eingeführt, der "ganze politische Quatsch" (Patzer) kam aus der Schule raus. Die Grundschule erhielt ihre Selbstständigkeit. Die Lehrpläne ließen mehr Spielraum zu. "Diese Vorteile überwiegen", schätzt Patzer ein, "allerdings waren zu DDR-Zeiten die Leistungsanforderungen höher." Seiner Meinung nach sind eben diese Leistungsanforderungen in den letzten acht Jahren ständig zurückgegangen. Ein Diktat spielt bei der Zeugnisnote kaum noch eine Rolle.

Denkt der Schulleiter an die vielen Diskussionen um die Pisa-Studie so wünscht er sich, dass auch Lehrer von der Basis gehört werden. Die Bildung sei ein gesamtgesellschaftliches Problem, und vor allem müssen im Elternhaus fast verloren gegangene Tugenden wie Fleiß, Höflichkeit und Sauberkeit stärker anerzogen werden. Für seine Schule wünscht er sich, dass die Schülerzahlen wieder steigen.

Seine schönste Erinnerung an 40 Jahre Lehrer-Dasein? "Ich freue mich immer, wenn ich ehemalige Schüler treffe und sehe, was aus ihnen geworden ist", sagt Patzer. In der Zeit nach der Schule möchte er sich einen Traum verwirklichen: Eine Reise nach Amerika, am liebsten nach Mexiko, wäre sein größter Wunsch. Doch in diesem Sommer steht als Ferienziel erst einmal Tirol fest.