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Abrechnungsbetrug Abrechnungsbetrug: So soll Ärztin aus Zeitz bei Notfällen geschummelt haben

Von Matthias Voss 15.11.2017, 09:44

Halle (Saale)/Zeitz - Ist ein Arzt auch nach dem offiziellen Ende seiner Sprechstunde noch in Bereitschaft für seine Patienten? Und wann ist ein Fall ein Notfall? Darum ging es am dritten Verhandlungstag gegen eine Zeitzer Ärztin vor dem Landgericht in Halle. Der Angeklagten wird vorgeworfen, zwischen 2008 und 2012 in zahlreichen Fällen normale Behandlungen als Notfälle bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) abgerechnet und damit rund 15.000 Euro zu viel erhalten zu haben.

Bevor die Vorsitzende Richterin die einzige Zeugin an diesem Tag befragen konnte, legte Stephan Sch., der Verteidiger der Angeklagten, zwei Schreiben von der KV vor, aus denen hervorging, wann die Ärztin im Bereitschaftsdienst im besagten Zeitraum war.

Ärztin aus Zeitz wegen Betruges vor Gericht: „Sie können nicht um 12 Uhr die Sprechstunde schließen, wenn noch Patienten da sind und diese dann als Notfälle abrechnen.“

Die Vorsitzende Richterin machte klar, dass sie nicht von Notfällen reden möchte, wenn die angegebene Sprechstundenzeit überschritten worden sei. Auch der zweite Schachzug des Rechtsanwalts funktionierte nicht. Denn ein Teilgeständnis bezüglich der Jahre 2010 und 2011 prallte bei der Richterin ebenfalls ab. Damit wollte er vor allem das Verfahren verkürzen, weil schon die ersten beiden Verhandlungstage schädlich für den Praxisbetrieb der Ärztin gewesen seien. „Sie können nicht um 12 Uhr die Sprechstunde schließen, wenn noch Patienten da sind und diese dann als Notfälle abrechnen“, sagte die Richterin. „Und 21 Stunden normale Sprechstunde in der Woche halte ich bei einem Stamm von 1.000 Patienten für viel zu wenig.“

In dieser Hinsicht wurde die Richterin von der Zeugin Brigitte Z., Leiterin der Abteilung Abrechnung bei der KV, aber nicht ganz bestätigt. „20 Stunden sind normal. Aber dann reden wir von effektiver Sprechstunde ohne vorbereitende oder nachzubearbeitende Maßnahmen“, so die Zeugin. Diese belastete die Angeklagte jedoch schwer. „Der Bereitschaftsdienst in der Region wurde damals so geregelt, dass er um 16 Uhr begann und bis 7 Uhr am Folgetag dauerte. Und nicht, wie bei der Angeklagten, schon um 12 Uhr. Das wäre dann normale Sprechzeit“. „Da hätte man Patienten ohne akute Probleme auch mal wegschicken müssen.“

Ärztin aus Zeitz wegen Kassenbetrugs vor Gericht: Was ist ein Notfall?

Ein Notfall, so Z., sei jemand, der fast umfällt oder nach einem Unfall auf der Straße liege. Auf alle Fälle hat die KV aus dem Vorfall mit der Zeitzer Ärztin gelernt: „Künftig werden Notfallscheine nur noch als solche abgerechnet, die während der Bereitschaft ausgestellt worden sind“, sagte die Zeugin.

Unabhängig von den Sorgen der Angeklagten bezüglich der Ausfallzeiten für ihre Praxis, wurden von der Richterin einige der 13 anberaumten Verhandlungstage gestrichen. In den verbleibenden sollen weitere Zeugen, vor allem Patienten und ehemalige Mitarbeiter, befragt werden. Die Verhandlung vor dem Landgericht in Halle wird Ende November fortgesetzt. Ein Urteil ist Anfang Januar zu erwarten. (mz)