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Zwölfjähriger Blondschopf übt sich an der Kirchen-Orgel

Von ULF ROSTALSKY 04.09.2009, 17:59

GRÄFENHAINICHEN/MZ. - Am 27. September soll er zum ersten Mal zum Gottesdienst spielen. "Mit der Orgel", wie er voller Stolz betont.

Lust hat er darauf, das Instrument zu spielen. Aber auch Respekt. "Es ist doch das größte Instrument, das es gibt." Doch die Neugier lässt Hemmungen verschwinden. Zu viele Möglichkeiten bietet die Orgel. "Das alles ist schon ein Fach für sich. Da lernst du auch nach Jahren immer wieder dazu", sagt Hannes Jaekel. Er unterrichtet Tim Scholz in der Gräfenhainichener Musikschule und begleitet ihn jetzt bei seinem ersten Annäherungsversuch an die Orgel. "Mich freut das einfach, dass er sich so sehr interessiert", erklärt Jaekel. Er brauche schließlich auch Verstärkung. "Ich bin doch der einzige Organist hier."

Tim Scholz liebt Musik. Seit sechs Jahren lernt er in der Musikschule, am Keyboard hat er es nach Ansicht seiner Lehrer schon sehr weit gebracht. Den Keyboard-Wettbewerb der Musikschulen Jessen, Wittenberg und Gräfenhainichen hat er erst kürzlich gewonnen. "Mit der Höchstpunktzahl." Hannes Jaekel ist sehr stolz auf seinen Schützling.

Deshalb hat er auch nicht lange gezögert und dem Rottaer die Chance geboten, Orgel zu spielen. "Er hat mich richtig gelöchert", freut sich der Organist über das große Interesse des Talents. Behutsam soll Tim Scholz an die Königin der Instrumente herangeführt werden. Die Orgel in Gräfenhainichen ist dabei durchaus eine echte Herausforderung. 1 300 Orgelpfeifen, 56 Register, 108 Tasten auf zwei Manualen und 27 Pedaltasten offenbaren musikalisch sehr viele Möglichkeiten. Aber alles muss auch beherrscht werden. Die Sache mit den Füßen sei besonders schwer, sagt Tim Scholz. "Das wird schon", ist Hannes Jaekel überzeugt. Zusammen üben sie Bach und Mozart, Gefühl für das Instrument und Spaß bietet allerdings auch Musik aus einer ganz anderen Ecke.

Metallica steht für Hardrock vom Feinsten. "Soll ich wirklich?" Tim Scholz holt sich die Rückversicherung, dann spielt er und stockt. Sein Lehrer hat Gitarrenklänge improvisiert. An der Orgel sind sie ein Team, zum Gottesdienst am 27. September werden sie ebenfalls nebeneinander sitzen.

Natürlich sei er schon ein wenig aufgeregt, sagt das Talent aus Rotta. Doch noch bleibe Zeit zum Üben. An der Orgel sind die Lehrstunden allerdings beschränkt. Vieles muss zu Hause gelernt werden. Dort steht ein Keyboard, ein E-Piano befindet sich allerdings ganz oben auf der Geburtstagswunschliste.

Ob es auf dem Gabentisch landen wird, ist offen. Dass es Lego-Steine geben wird, allerdings auch. Sie sind die zweite große Leidenschaft des Schülers des Paul-Gerhardt-Gymnasiums. Er baut Modelle nach Vorlagen, improvisiert aber auch.

Es ist fast wie an der Orgel. "Nein anders. Orgel bleibt Orgel", sagt Tim Scholz, der sich ein Leben ohne Musik nur schwer vorstellen kann. Ob er das alles beruflich machen wolle? Schulterzucken. "Ich bin doch erst Zwölf."