Wohnen in Wittenberg Wohnen in Wittenberg: Tagelanges Bibbern

Wittenberg - Auch wenn das Frieren vorbei ist, die Empörung bleibt. In Apollensdorf Nord fiel just in der Zeit, als die Temperaturen weit unter Null Grad gefallen waren, in einem Block die Heizung aus. Das muss kein Problem sein, wenn die Reparatur schnell erfolgt.
Die Lage auf dem Mietwohnungsmarkt ändert sich. Börsennotierte Unternehmen erwerben im großen Stil Häuser. Vonovia zum Beispiel gilt mit rund 370 000 eigenen und für Dritte verwalteten Wohnungen als das größte Wohnungsunternehmen in Deutschland. Kritiker fürchten bei diesen Größenordnungen zum einen um den Service, zum anderen gibt es den Vorwurf, um die Aktionäre zu bedienen werde nicht ausreichend investiert in die Wohnungen und Häuser. Für Schlagzeilen in Wittenberg hatte erst jüngst das Aus für die Piesteritzer Service-Gesellschaft zum Jahresende gesorgt. Die kümmerte sich viele Jahre lang insbesondere um die Werkssiedlung, Eigentümerin ist nach etlichen Besitzerwechseln seit einiger Zeit die Deutsche Wohnen AG. Auch den Mietern dort fehlen nun die Ansprechpartner vor Ort, dafür gibt es Service-Nummern.
Bei den Eltern aufgewärmt
Ist sie aber nicht. Vier Tage lang haben zehn Familien im Bussardweg gebibbert, haben mit allen möglichen Mitteln versucht, gegen die Kälte anzugehen. Nicht zuletzt deshalb, weil etliche junge Familien in dem Block kleine Kinder haben, ein sechs Monate altes Baby ist darunter. „Wir haben den Heizstrahler laufen lassen. Es geht ja um das Wohl des Kindes“, sagt der Papa gegenüber der MZ. An einem der kalten Tage ist die Familie zu den Schwiegereltern gefahren, um sich ein bisschen aufzuwärmen.
Thomas Möbius, der mit Claudia Flemming und der siebenjährigen Tochter im Erdgeschoss wohnt, spricht von einer unhaltbaren Situation. „Wir haben uns Heizlüfter und Ölradiator ausgeborgt, Kerzen und Teelichter entzündet, an Sachen angezogen, was ging.“ Das alles, um der Kälte zu trotzen, die zunahm mit den Tagen ohne Heizung. Das Problem begann am vergangenen Sonntag, da hatten die betroffenen Familien noch gehofft, dass das mit der Reparatur keine große Sache ist.
Die erste Schwierigkeit bestand allerdings nach Schilderung mehrerer Mieter darin, unter der angegebenen Service-Nummer überhaupt jemanden zu erreichen. Der Block befindet sich im Eigentum des großen Wohnungsunternehmens Vonovia, einem Zusammenschluss von Deutscher Annington und Gagfah. Ansprechpartner vor Ort: Fehlanzeige.
Die Nummer, sagt Möbius, war „komplett überlastet“. Alle im Gespräch, habe es geheißen. Rufen Sie später noch einmal an. Wie oft die zehn Familien in den Tagen des Frierens die Service-Nummer gewählt haben, können sie nicht zählen. „Ich allein bestimmt 20 Mal“, berichtet eine Nachbarin. Es kommt ein Monteur, sie müssen sich gedulden, sei ihr beschieden worden, man sei für Wohnungen in ganz Deutschland zuständig. „Die Antworten reichten von nett bis pampig“, erinnert sich die junge Frau. Sonntagabend, hieß es zudem, sei ein Monteur angereist, ihm habe niemand geöffnet. Die Mieter finden das seltsam, eine der zehn Parteien sei mit Sicherheit zu Hause gewesen, erklären sie.
Einzelne Mieter haben versucht, auf eigene Faust ein Unternehmen zu finden. Die zuckten bedauernd die Schultern, sie brauchen einen Auftrag vom Vermieter. Also blieb den Apollensdorfern in der Tat nichts anderes übrig, als zu warten und zu frieren. Bis zum Mittwoch. Dann kam der Monteur. Allzu überrascht, sagen manche Bewohner des Blocks, habe sie das alles nicht. Einige von ihnen liegen im Klinsch mit ihrem Großvermieter. „Wir haben eine verschimmelte Dusche, gefährlicher Schwarzschimmel“, sagt der Papa des Babys: „Im September gemeldet, nach acht Wochen kam jemand.“ Die Familie soll eine neue Dusche kriegen, hat sie freilich bis heute nicht. Andere führen Prozesse wegen der Betriebskostenabrechnung. Wieder andere, die unter dem Dach wohnen, kämpfen um Außenrollos, weil es im Sommer so heiß ist: bislang ohne Ergebnis. Und die Heizung, erzählen sie, die sei im Übrigen nicht zum ersten Mal defekt.
Unternehmen entschuldigt sich
Das Unternehmen indes entschuldigt sich. „Wir haben leider erst mit Verzögerung den Mangel an der Heizung beheben können“, räumt Vonovia-Sprecherin Bettina Benner auf MZ-Anfrage ein. Weiter sagt sie: „Dass unser Notdienst, der normalerweise rund um die Uhr erreichbar ist und auch nachts zu unseren Mietern kommt, in diesem Fall nicht gegriffen hat, tut uns Leid. Dafür entschuldigen wir uns in aller Form bei unseren Mietern, denen wir selbstverständlich eine Mietminderung gewähren. Wir sind sicher, dass wir mit unserer zentralen Rufnummer, die seit Januar gilt, unseren Service für alle unsere Mieter weiter verbessern werden.“ (mz)