Wittenberg Wittenberg: Nach dem Brand wurde es zu kühl
WITTENBERG/MZ. - Kaum zu glauben, dass hier Menschen wohnen. Beißender Geruch steht im Treppenhaus, kriecht in den Kopf, noch ein Atemzug bis zur Übelkeit. Bloß schnell wieder raus hier. Hinter den Wohnungstüren merkt man von all dem freilich wenig. Dort friert man. Die Heizung funktioniert nicht mehr richtig.
Ein Pulli mehr
Fünf Tage nach dem Brand in einem Fünfgeschosser an der Wittenberger Lerchenbergstraße bemühen sich die Bewohner um Normalität. Roselies Deutschmann zieht jetzt abends einfach einen Pullover mehr an. Dann, sagt sie gelassen, ist es nämlich schon frisch. Das warme Wasser erreicht die Rohre, immerhin, nicht aber die Heizkörper. Ihre Wohnung im dritten Obergeschoss liegt dem Brandherd gleich gegenüber. Das darf man wohl Pech nennen: Erst vor wenigen Wochen ist die ältere Frau mit ihrem Sohn in der Lerchenbergstraße 6 eingezogen.
Schwarze, getrocknete Rinnsale aus Ruß und Wasser zeichnen das Hellblau des Treppenhauses von oben bis unten. Auf der Plattform in der ersten Etage blüht strahlend eine Hibiskus. In der Wohnungstür steht Walter Grunert. Der 75-Jährige, Mieter der Brandwohnung, ist hier bei seiner Lebensgefährtin untergekommen, seit 33 Jahren wohnen die beiden nun schon auf dem Lerchenberg. Grunert sagt, ihm sei nichts geblieben. Zwar habe er eine alte Hausratversicherung, aber die Deckungssumme reiche nicht. Die Vermieterin habe ihm zum Glück eine neue Wohnung versprochen, es werde aber noch einige Zeit dauern, bis er dort einziehen kann. Auch wenn dort, wo er zur Zeit untergekommen ist, die Heizung in fast allen Räumen funktioniert, ärgert ihn die Angelegenheit. Zweimal, sagt er, sei nun schon ein Monteur im Haus gewesen. Und es wird doch nicht warm.
Zählen für die Versicherung
Der jungen Mutter eine Etage höher, aber auf der linken, der Brand-Seite, ist die Heizung herzlich egal. Sie ist nur hier, um die Schäden aufzunehmen für die Versicherung. "Die Wohnung ist unbewohnbar", sagt sie. Alles rieche nach Rauch. Herablaufendes Wasser - wie berichtet war während des Feuers zu allem Überfluss auch noch ein Rohr geplatzt - schädigte das Inventar zusätzlich. "Den emotionalen Schaden kann keiner bezahlen", sagt sie noch, dann muss sie weiter zählen für die Versicherung. Bis auf weiteres lebt sie in einer Ersatz-Wohnung anderswo in der Stadt. Die Vermieterin, das ist die DKB, habe sich sehr bemüht, lobt die Frau. Andere maulen.
Simona Lüdeke, Leiterin des Kundenservice der DKB Wohnungsgesellschaft Sachsen-Anhalt, bat am Dienstag um Verständnis für die allgemein "schwierige" Situation in einem Brandhaus. Die ausgebrannte Wohnung sei von der Kripo bislang nicht wieder freigegeben, auch die Ermittlungsergebnisse der Versicherung stünden noch aus. Am Morgen, versprach Lüdeke, soll aber nun die Sache mit den Heizungen behoben werden. Als Ursache für deren (Teil-)Ausfall nannte sie ein defektes "Drei-Wege-Ventil" in einer der Wohnungen auf der vom Brand unmittelbar nicht betroffenen rechten Seite.