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Wittenberg Wittenberg: Markt der gesunden Dinge

Von irina steinmann 21.03.2012, 17:23

wittenberg/MZ. - Grau hängt der Himmel über der Schlosskirche. Heute kein Hauch von Frühling. Auf dem Platz hinter der "Alten Canzley" warten einige Marktstände auf Kundschaft. Zum ersten Mal hat das Haus von Christa Rath zum Regional-Biomarkt eingeladen, eine Premiere im doppelten Sinn: "Frühlingserwachen" auch für die neu gewonnene Veranstaltungsfläche hinter dem Hotel / Restaurant.

Hier sind Überzeugungstäter am Werk: Die Menschheit möge besser essen, sich gesünder ernähren und allgemein kein Schindluder treiben mit sich. "Wir wollen ein Bewusstsein schaffen" dafür, sagt Christa Rath. Die "Alte Canzley" ist mit einem eigenen Stand vertreten und präsentiert Produkte ihrer Lieferanten. So genannte Kamut-Nudeln sind darunter, gewachsen als Urweizen im fernen Kanada und zu Pasta gemacht in der Lausitz. Es gibt welche mit Algen, tiefdunkelgrün, solche mit Knoblauch und auch als "Fixes Süppchen" für eilige Gesundheitsbewusste gleich mit Trockengemüse dazu. Folgt man Rath, ist das Getreide geradezu ein Kraftpaket: "Es lässt sich durch Dünger nicht manipulieren", wächst also wie es will, und stecke dafür voller Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe. Gleich nebenan stehen Leindotter - eine ölhaltige Pflanze mit Kresse-Geschmack und Wurstkonserven vom Ökohof im Wittenberger Thießen, auch er ein Lieferant von Rath.

"Es ist uns beides wichtig: regional und / oder bio", sagt die Heilpraktikerin. Der Markt ist ein Versuchsballon. "Es kann was Regelmäßiges daraus werden, wenn Interesse da ist", sagt Rath. Fest steht vorläufig nur, dass es im Oktober, zum Welternährungstag, wieder so eine Veranstaltung hinter dem Haus geben wird. Dann würden auch mehr Händler teilnehmen, verspricht sie, der März-Termin sei für vieles - etwa für Gemüse - einfach zu früh.

Korb statt Käse

Der eigentlich zugesagte Käse aus Pratau ist Christa Ratha für diesmal bedauerlicherweise abhanden gekommen, dafür ist ein Korbflechter da, die Tees aus Schweinitz, Kräuterfrau Sabine Priezel und Früchte-Künstlerin Karma Retzke aus Wüstemark. Retzke und Kerstin Schicketanz von der Einkaufsgemeinschaft Zahna treiben emsig Filznadeln in Styroporeier, auf dass die Wolle darauf haften bleibe, und vertreiben sich so die Wartezeit auf Kundschaft. "Verhalten" lässt sich's an, räumt Karma Retzke ein, vor sich die selbstgemachten Marmeladen, aus Eberesche zum Beispiel, den Löwenzahnwein und das Robinienblütengelee. Das Wetter? Ach nee, sagt Retzke, die im Fläming eine Kreativwerkstatt betreibt. "Wer Interesse hat, der kommt", so oder so. Märkte, sagt sie, seien ohnehin nicht ihr Hauptgeschäft und Wochenmärkte schon gar nicht. Die Kundschaft sei einfach eine andere. Tatsächlich nimmt an diesem Mittwoch kaum einer den Weg vom nahen Markt vor dem Rathaus zum Schlossplatz.

Auch Sabine Priezel von der Kräuterschule "Queerbeet" im Roten Land steht eher selten auf Märkten. Ihre Produkte, Tees etwa oder Kräuterkissen, vermarktet sie lieber und besser im Anschluss an ihre Kurse. Auch Priezel zeigt sich sendungsbewusst: "Ich möchte, dass die Leute selber aktiv werden." Deshalb gibt sie ihr Wissen weiter; wer mag, kann freilich auch bloß ein Erkältungskissen kaufen oder einen Tee namens "Frühjahrsputz": Löwenzahn, Brennnessel, Scharfgarbe und Co. sollen den Körper entschlacken, so Priezel.

Tee für jeden

1 000 Tees - so viele umfasst den Angaben zufolge die Produktpalette seines Hauses - hat Klaus Wirtz zwar nicht mitgebracht aus Schweinitz, viele Dutzend sind es aber auf jeden Fall. Bei Wirtz findet jedes Tierchen sein Plaisierchen, eine der letzten Kreationen entstand zur dortigen Erlebnisnacht für einen Elektrohandel in Gräfenhainichen.

Auch die Torgauer Bären haben einen eigenen Tee, ebenso die Wittenberger Räuber, Weyber & Spießgesellen. "Alles aus kontrolliertem Anbau", versichert Wirtz. Sonst wäre er heute ja auch nicht hier - und würde nicht Kindergärten beliefern, immerhin 900 "zwischen Husum und Freiburg".