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Wittenberg Wittenberg: Legende um eine Stiefmutter

28.01.2011, 18:57

WITTENBERG/MZ/CNI. - In der Fachzeitschrift "Genealogie" (4 / 2010) wendet sich der Düsseldorfer Familienforscher u. a. gegen die Stiefmutter-Legende.

Seit Jahrhunderten, so Wagner, streiten Experten, wer die Eltern der am 29. Januar 1499 geborenen Katharina von Bora waren. Seit etwa 1905 seien sich die Fachleute immerhin einig, dass als Geburtsort nur das 1980 abgebaggerte Lippendorf südlich von Leipzig in Betracht komme. Sie stützen sich vor allem auf zwei das historische Lippendorf erwähnende Urkunden von 1482 und 1505, in denen zunächst ein Hans von Bora und dessen Ehefrau Katharina, später ein Jhan von Bora mit Ehefrau Margarete als "zu Lippendorf" genannt werden. Wagner: "Seit etwa 1900 wurde ohne stichhaltige Begründung angenommen, dass Hans und Jhan von Bora identisch seien, die 1505 erwähnte Margarete, deren Mädchenname nicht bekannt ist, somit die Stiefmutter der Katharina von Bora gewesen sei."

Bei seinen Überlegungen, die Wagner (dessen eigene Familie seit 1510 in Löben bei Jessen nachweisbar ist) als Alternative zu den traditionellen Vorstellungen über die mütterlichen Verwandtschaftsverhältnisse der Ehefrau Martin Luthers versteht, habe er die in der neueren Fachliteratur aufgezeigten Widersprüche bei älteren Autoren berücksichtigt. Nach seiner Auffassung zeige sich nun, dass als leibliche Eltern im Grunde nur der 1505 erwähnte Jhan von Bora auf Lippendorf und seine Ehefrau Margarete unbekannter Abstammung in Betracht kommen können.

Was die Ablehnung der Legende von einer "bösen" Stiefmutter betrifft, so steht Wagner damit nicht allein da. Auch Martin Treu von der Stiftung Luthergedenkstätten nennt sie "haltlos". Jedoch, so der promovierte Theologe, "wurde die Geschichte gern übernommen, sie lädt ja zum Fabulieren ein", zumal von Katharinas Kindheit praktisch nichts bekannt sei. Ansonsten betrachtet Treu bei aller Skepsis, "ob die Genealogie bei Katharina von Bora fundamental neue Erkenntnisse bringt", Wagners Forschungen durchaus freundlich. Interessant sei eine von Wagner entdeckte Urkunde von 1531 über einen Rechtsstreit der Brüder Katharinas um ein Erbgut. Sie sei auch ein Indiz dafür, dass es z. B. in der Adelsforschung "Defizite gibt". Deswegen sei Wagner "zu loben, weil er sich in die Archive setzt". Doch sei es ein Puzzlespiel und die Urkunde ein Teil. "Wie es in das Puzzle reingehört, muss sich noch herausfinden lassen".

Die Stiftung Luthergedenkstätten weist darauf hin, dass die Lesung mit Margot Käßmann restlos ausverkauft ist.