Wittenberg Wittenberg: Ein kleiner Markt mit eigenem Kaffee
WITTENBERG/MZ. - Zur Not wärmte man sich beim "Weihnachtsmarkt des alten Handwerks" an der Feuerschale oder man setzte sich gemütlich gegenüber ins Marc de Café von Constance Neubert, wo bei Schummerlicht und heißen Getränken Geschichten und Märchen zur Adventszeit vorgelesen wurden. Katrin Fischer ist nicht nur Stadtführerin und darin geübt, stimmungsvoll vorzutragen: Einige der Geschichten stammen auch direkt aus ihrer Feder.
Der Markt findet nur einmal in der Vorweihnachtszeit statt. "Das unterstreicht das Besondere. Man kann die Dinge besser genießen, wenn sie nicht die ganze Zeit da sind", unterstreicht Kaffeehaus-Chefin Neubert die Idee hinter dem überschaubaren Treiben. Genau wie ihr Lebensgefährte Jörg Dahms im Instrumentenbau hält sie alte Traditionen hoch.
"Vor 50 Jahren gab es hier die letzte Kaffee-Rösterei - und wir haben jetzt damit wieder angefangen", erklärt die Unternehmerin. Vom Hamburger Freihafen holen sie den Kaffee in Zentnersäcken - geröstet wird nur streng nach Bedarf, höchstens zwei Kilogramm, wenn nicht Stammgäste etwas für daheim geordert haben. Ihre eigene Mischung haben sie mittlerweile entwickelt, und mancher Gast ist überrascht, wie exquisit so ein handgemachter Kaffee sich vom Supermarktpulver abhebt. Mancher Urlaubsgast lässt sich heutzutage sogar das schwarze Gold nach Baden-Württemberg und Bayern hinterherschicken. "Da verbindet man dann auch den Urlaub in Wittenberg damit - und nicht immer nur Luther und Melanchthon", berichtet sie.
Auch Jörg Dahms hebt die Qualität vom Handwerk hervor. Der Mittvierziger hat bis 1994 in London Instrumentenbau studiert und seit 1997 die Werkstatt in der Pfaffengasse in Betrieb. Neben einigen Neubauten von historischen Saiteninstrumenten repariert er viel. Einige der Marktbesucher stöbern bei ihm durch die Werkstatt, Kinder hören mit großen Augen zu, als er erzählt, dass es vier Wochen braucht, eine neue Geige zu bauen. Regelmäßig hat er Praktikanten hier, bietet Führungen für Schulklassen an. "Da erzähle ich dann den kompletten Prozess, von der Kettensäge am Baum bis zur letzten Lackschicht", erklärt er. Dabei liegt sein Steckenpferd mehr auf den Instrumenten, die historisch vor Geige und Gitarre kamen. "Aber das ist ja auch eher selten, dass jemand herkommt und sagt, jetzt bau mir mal ’ne Gambe", sagt Dahms und lacht.
Doch nicht nur Instrumente kann man auf dem Markt kaufen, auch Kräutertees aus der Region und kleine Kunstwerke aus Keramik vom Verein "Tonart", der sich regelmäßig bei der Volkssolidarität trifft. Adventskalender aus seltenen Hölzern zum Selberfüllen werden angeboten, darunter auch solche aus Mooreiche. "Die lag jahrhundertelang im Elbeschlick", klärt Jörg Dahms über den tiefschwarzen Farbton des Holzes auf. Noten- und Kartenständer stellt er daraus her. "Das gibt es eben nicht von der Stange, das steht dann zu Hause oder im Hotel und die Tageskarte steht drauf. " Das ist eben etwas Besonderes, so wie der kleine Markt im Handwerkerhof an der Pfaffengasse.