Wittenberg Wittenberg: Die große Welt im Kleinen
wittenberg/MZ. - Andy Gründer ist hier voll in seinem Element. "Hier kann man sich so richtig austoben", erklärt der 30-jährige Modellbauer. Beim Löten von hauchdünnen Stromkabeln etwa - oder, wenn es darum geht, einen Holzschuppen im Maßstab 1:120 künstlich altern zu lassen. "Diorama" ist das Zauberwort - ein Ausschnitt der realen Welt in Klein. "Das ist wie ein Foto in 3D - und ich werde am Wochenende auch einige Landschaften in Bilderrahmen ausstellen", erzählt er.
Die Welt en miniature fasziniert auch seinen Clubkollegen Lutz Gieracki. "Wichtig ist der gemeinsame Austausch. Es gibt unzählige Internet-Foren mit Tips und Hinweisen - aber das ersetzt nicht das Gespräch miteinander", erzählt er. Das sei die Grundidee hinter der Diorama-Ausstellung gewesen. Modellbau kombiniert verschiedenste handwerkliche Anforderungen - von der Planung der elektrischen Anlage bis hin zum Landschaftsbau gibt es eine Menge zu beachten. Die Clubmitglieder sind in der Regel Allrounder. "Es hat ja jeder zu Hause seine eigene Anlage, aber jeder von uns hat auch sein persönliches Spezialgebiet", erzählt Gieracki. Bei Andy Gründer ist das ganz klar die Elektrik. Der junge Mann arbeitet als Energieelektroniker bei der "großen Bahn" in Berlin-Rummelsburg.
Im ICE-Werk hat er es mit bis zu armdicken Kabelsträngen zu tun. Zuhause erwarten ihn haardünne Litzen, die Licht in die kleinsten Winkel bringen. "Es gibt auf jeder Anlage kleine Gags, die zu suchen sind", beschreibt er die Strandszene eines Dioramas. Ein Spanner hat sich dort im Gebüsch hinter dem FKK-Strand versteckt. Und an dessen Kamera gibt es ein funktionierendes Blitzlicht - kleiner als ein Streichholzkopf. Blaulicht auf dem Notarztwagen ist dagegen fast schon was für Grobmotoriker. Manche dieser Gags stammen von seiner Frau. "An der Strandszene hat sie entscheidenden Einfluss gehabt", erzählt er stolz. Der Modellbau liegt Gründer in den Genen. "Mein Vater hat zwanzig Jahre lang eine Modellbau-AG in Bergwitz geleitet", erzählt er. Damals wie heute wurden auch auf den ersten Blick seltsam anmutende Materialien für die Welt in Klein benutzt. "Ata mit Farbe als Wandputz, getrockneter Kaffeesatz. Man hat Modellbahnen ja schon gerochen, bevor man die gesehen hat", sagt er lachend. Auch heute noch haben ungewöhnliche Baustoffe ihren Platz - vor allem im Diorama-Bau. "Auf den kleinen Platten probiere ich erstmal aus, bevor ich es auf der großen Platte nachbaue", erzählt Gründer.
Die Insider-Tips bleiben nicht clubintern, die Ausstellung im Jugendhaus soll als Plattform dienen, mit Gleichgesinnten ins Gespräch zu kommen. "Bei der ersten Veranstaltung rechnen wir mit keinem zu großen Ansturm - aber für nächstes Jahr liegen schon Anmeldungen vor", weiß der Modellbauer. Workshops sind ebenfalls geplant.