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Weltwassertag in Wittenberg Weltwassertag in Wittenberg: Ohne Strom kein Wasser

Von Markus Wagner 21.03.2014, 18:46
Die größten Pumpen in der Kläranlage: Mit 250 Kilowatt wird das Abwasser hier gehoben, um weiterverarbeitet werden zu können - 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Macht einen Stromverbrauch, der sich sehen lassen kann.
Die größten Pumpen in der Kläranlage: Mit 250 Kilowatt wird das Abwasser hier gehoben, um weiterverarbeitet werden zu können - 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Macht einen Stromverbrauch, der sich sehen lassen kann. ACHIM KUHN Lizenz

Wittenberg/MZ - Ohne Strom kein Wasser. Vor allem kein sauberes. Beim heutigen Weltwassertag wird auf den Zusammenhang zwischen „Wasser und Energie“ hingewiesen. Deutlich wird das schon in Wittenberg selbst: Ohne elektrische Energie würde Abwasser nicht sauber, ohne Strom bliebe der Hahn mancherorts trocken.

Hohe Stromkosten jeden Monat

„Wir haben Energiekosten von 40 000 Euro pro Monat“, sagt Hartmut Nitsche, Abteilungsleiter im Wittenberger Klärwerk. Die eigentliche Arbeit beim Abwasserreinigen machen ja die Mikroben, doch der Aufwand, um es ihnen gemütlich zu machen, ist enorm. Bis zu 7 000 Kubikmeter Sauerstoff werden deshalb pro Stunde in die Becken geblasen. 315 Kilowattstunden braucht der Turboverdichter dafür. Zum Vergleich: Den Jahresverbrauch einer vierköpfigen Familie schätzen die Stadtwerke auf 3.000 Kilowattstunden, im Klärwerk werden insgesamt pro Jahr 3,5 Millionen Kilowattstunden verbraucht, um vier Millionen Kubikmeter Wasser zu reinigen.

Wasser im freien Fall

Detlef Debul, Meister für Rohrbau und Betrieb bei den Wittenberger Stadtwerken, könnte damit jahrelang die Wittenberger Kernstadt und so manchen Ortsteil versorgen. Nicht einmal 70.000 Kilowattstunden brauchen die Stadtwerke pro Jahr, um Trinkwasser so zu heben, dass es überall in der Stadt mit den nötigen Druck fließt. Die Magdeburger Trinkwasserversorgung pumpt das Wasser für Wittenberg in den Hochbehälter Kreuzberge bei Jeber-Bergfrieden - und muss reichlich Energie aufwenden, um das Wasser rund 20 Kilometer weit zu transportieren. Von dem 40 Meter höheren Hügel wird das Wasser ohne Hilfe in den den Hochbehälter auf dem Gallun gedrückt. Und von dort fließt es 50 Meter tiefer in die Wittenberger Innenstadt. Vom Gallun aus werden Haushalte von Griebo bis Labetz, von der Elbe bis Nudersdorf, Schmilkendorf und Mochau versorgt. Ganz ohne Pumpen kommt man in den nördlichen Ortsteilen allerdings nicht aus. Mehrere Druckerhöhungsstationen helfen da nach. Bis zu 400 Kubikmeter werden so im Normalfall ziemlich effizient an den Mann gebracht. Allerdings ist auch kaum noch was an Energie rauszuholen. Wer an der Tür zu einem der vier großen Behälter auf dem Gallun steht, weiß warum. Sieben Grad ist das Wasser kalt, da braucht es keinen Wärmetauscher mehr.

Weiter unten im Klärwerk sieht das ganz anders aus. Seit zehn Jahren, schätzt Nitsche, ist das Thema Energiegewinnung aus Abwasser durchaus ein Thema in der Branche. Der Entwässerungsbetrieb selbst hat hier ja schon investiert.

Dank Klärschlammvergärung im neuen Faulturm steht am Ende der Bilanz 30 bis 35 Prozent weniger Gas- und Strombezug. Statt 7.000 Tonnen Klärschlamm müssen deshalb jetzt nur noch 3.500 Tonnen pro Jahr abgefahren werden. „Und wir haben nicht weniger Abwasser zu verarbeiten“, sagt Nitsche. Der nächste Schritt wäre, die höheren Temperaturen auszunutzen. 13 Grad warm kommt das Abwasser in der Anlage an, von der Industrie kann es noch mal fünf Grad wärmer sein.

Rückgewinnung ist ein Thema

„Die Rückgewinnung über Wärmetauscher wird unser nächstes großes Projekt sein“, sagt Nitsche. Der letzte Schritt wäre theoretisch die Klärschlammverbrennung. Wenn der statt aus 25 aus 80 Prozent Feststoff bestünde, würde er allein brennen. „Man muss ihn dafür aber trocknen“, so Nitsche. Doch das rechnet sich bislang nicht. Immerhin verlässt die Kläranlage nichts ungenutzt. Im Wasser, das in die Vorflut geleitet wird, sind jedenfalls kaum noch Nährstoffe enthalten. Der Klärschlamm selbst dient als Dünger - wenn seine flüchtigen Verbindungen unter anderem im eigenen Faulturm ihren Dienst getan haben.

Aber: „Im Moment glaubt man in der Branche eher nicht, dass es einmal die energieautarke Kläranlage geben wird“, so Nitsche. Was ja nicht heißt, dass man nicht versucht Energie zu sparen. „Ich mache das, seit ich zum ersten Mal die Stromrechnung gesehen habe“, sagt Nitsche. Und je höher der Strompreis sei, desto mehr beschäftige man sich damit, dass Wasser eben auch Energie braucht.

Der Hochbehälter auf dem Gallun fasst in vier solcher Becken 11.000 Kubikmeter Trinkwasser. Zwei Tage würde das ohne Nachfüllen reichen, dann wäre Wittenberg trockengelegt.
Der Hochbehälter auf dem Gallun fasst in vier solcher Becken 11.000 Kubikmeter Trinkwasser. Zwei Tage würde das ohne Nachfüllen reichen, dann wäre Wittenberg trockengelegt.
ACHIM KUHN Lizenz
Detlef Debul kontrolliert die Klappe des Behälters: Die wird nur geöffnet, wenn der alle zwei Jahre gewartet wird.
Detlef Debul kontrolliert die Klappe des Behälters: Die wird nur geöffnet, wenn der alle zwei Jahre gewartet wird.
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