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Verkehr  Verkehr : B107: Tempo 30 abgelehnt

Von Corinna Nitz Und Andreas Behling 01.08.2019, 08:28
An Wänden und Zäunen machen die Bewohner auf Lärm und Dreck an der B107 aufmerksam.
An Wänden und Zäunen machen die Bewohner auf Lärm und Dreck an der B107 aufmerksam. Thomas Klitzsch

Oranienbaum - Hans Werner Mannes, von der Bürgerinitiative B107 gibt sich weiter kämpferisch: „Wir werden die Ablehnung in dieser Form erst einmal nicht hinnehmen.“ Er bezieht sich damit auf die Entscheidung des Landkreises Wittenberg, derzufolge es auf der B107 innerhalb von Oranienbaum keine auf Tempo 30 reduzierte Höchstgeschwindigkeit geben wird.

Ein von der Stadt Oranienbaum-Wörlitz im Dezember 2018 gestellter Antrag ist jetzt vom Landkreis abgelehnt worden. Die Bürgerinitiative setzt sich für eine Ortsumgehung ein - außerdem forderte die BI die nun abgelehnte Geschwindigkeitsbegrenzung.

Im Hauptausschuss trug George Giese aus der Verwaltung ausführlich die Ablehnungsgründe für die strengere Geschwindigkeitsbegrenzung vor: Aus der Sicht der Straßenverkehrsbehörde liegen keine Voraussetzungen vor, die dazu führen müssten, den fließenden Verkehr durch eine Tempodrosselung zu beschränken.

Auf der Bundesstraße, die zum Beispiel zwischen den Städten Gräfenhainichen und Wittenberg eine verknüpfende Funktion erfülle, sei mit einem grundsätzlich erhöhten Verkehr zu rechnen.

Sinkender Verkehr

Die Daten der Verkehrszählung aus dem Jahr 2015 - die Zählungen finden im Abstand von fünf Jahren statt, die nächste ist 2020 geplant - würden besagen, dass binnen 24 Stunden 7400 Fahrzeuge die Straße passieren.

Davon entfielen knapp sechs Prozent auf den Schwerlastverkehr. 2010 seien es 300 Fahrzeuge mehr gewesen. Der Anteil des Schwerlastverkehrs lag damals bei 7,45 Prozent. Demnach habe es einen Rückgang gegeben.

Ferner seien keine besonderen örtlichen Verhältnisse vorhanden, die ein Tempolimit veranlassen könnten. Der Verlauf der B107 sei weitgehend gerade, die Kurven seien gut einsehbar. Die Breite zwischen sechs und sechseinhalb Metern reiche aus, um die Begegnung von zwei Lkw zu gewährleisten. Außerdem gehöre ein Fußweg durchgängig zum Verlauf der Straße.

Auf dieser sei es im Jahr 2015 zu elf Verkehrsunfällen gekommen (siehe „Die Unfallzahlen“). Deren Hauptursachen seien Fehler beim Abbiegen oder Vorbeifahren, nicht jedoch eine überhöhte Geschwindigkeit gewesen.

Aus der Statistik der Polizei geht hervor, dass sich auf der Bundesstraße 107 innerhalb der Stadt Oranienbaum im Jahr 2016 sieben Unfälle ereigneten. 2017 wurden acht Unfälle verzeichnet. Im vergangenen Jahr hatte es zehn Unfälle gegeben.

Die Belastungen, die durch Lärm und Abgase entstünden, bewegen sich dem Landkreis zufolge in einem zumutbaren, ortsüblichen Rahmen. Die B 107 werde funktionsgerecht in Anspruch genommen. Der über die Trasse führende Verkehr müsse von den Anliegern geduldet werden.

Die Auswertung der Lärmwerte habe ergeben, dass der laut Lärmschutzrichtlinie zulässige Richtwert sowohl tagsüber als auch in den Nachtstunden nicht erreicht wird. Die Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Kilometer pro Stunde sei daher nicht geboten.

Bei der Bürgerinitiative gibt man sich mit solchen Erklärungen nicht zufrieden. „Wir wollen auch den Antrag, den die Stadt gestellt hat, im Wortlaut sehen“, sagt Mannes Es gehe ja auch immer darum, wie etwas formuliert wurde. Ansonsten wollten sie sich um ein Gespräch mit dem Bürgermeister von Oranienbaum-Wörlitz, Maik Strömer (CDU), bemühen.

Am Dienstag hätten Vertreter der Initiative Strömer im Umfeld der Ortsbürgermeisterwahl in Oranienbaum angesprochen. Mannes zufolge sei man zuversichtlich, dass ein Gespräch am kommenden Dienstag im Rahmen der Einwohnersprechstunde stattfindet.

Das sagt der Bürgermeister

Strömer selbst antwortet auf die Frage, ob die Kommune die Ablehnung klaglos hinnehmen wird: „Dazu gibt es noch keine Entscheidung. Wir werden erst einmal die Ablehnungsgründe analysieren und dann überlegen, wie wir weiter vorgehen.“ Wiederholt betont Strömer, dass die Kommune an einer Bundesstraße kaum Einfluss nehmen kann.

Möglich ist indes eine optische Geschwindigkeitsanzeige. Die stand zuvor an der Wörlitzer Erdmannsdorfstraße in der Nähe des Ringhotels „Zum Stein“ und wurde einer Reparatur unterzogen.

Sie soll nun am westlichen Ortseingang von Oranienbaum aufgestellt werden. Die Frage, ob das eine Reaktion auf die gerade erfolgte Ablehnung der Geschwindigkeitsreduzierung sei, verneint Strömer. „Das haben wir schon vorher veranlasst.“

Nun ist die Geschwindigkeitsbegrenzung für die B107 innerhalb von Oranienbaum nur ein Etappenziel für die Gegner des Verkehrslärms. Zum eigentlichen Ziel, der Ortsumgehung, erklärte Nadine Koppehel von der AfD zur konstituierenden Sitzung des neuen Oranienbaum-Wörlitzer Stadtrates, ihre Fraktion habe eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt (die MZ berichtete).

Wie jetzt der für den Wahlkreis zuständige AfD-Bundestagsabgeordnete Andreas Mrosek gegenüber der MZ erklärt, habe die Anfrage immerhin schon eine Drucksachen-Nummer. Mit einer Antwort rechne er in der kommenden Woche.

Flüsterbelag reiche nicht

Ausdrücklich betont Mrosek: „Aus unserer Sicht ist die Lärmbelästigung an der Ortsdurchfahrt nach wie vor immens“, und das obwohl schon Flüsterbelag aufgebracht wurde. Mrosek findet, eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Kilometer pro Stunde sei „so lange wichtig, bis die Umgehungsstraße da ist“. Die Fraktionen des Stadtrates müssten nun „politischen Druck aufbauen“.

Was die Fortschritte in Bezug auf die Umgehungsstraße angeht, so verweist Mrosek auf eine andere Kleine Anfrage an die Bundesregierung aus dem vergangenen Jahr.

Auf die Frage seiner Fraktion, wie weit die Planungs- und Realisierungsstände der Ortsumgehung Oranienbaum vorangekommen seien, hieß es in einer Antwort vom 12. Juli 2018: „Die zuständige Straßenbauverwaltung sieht den Planungsbeginn 2019 vor.“ (mz)