VEB Keramik Coswig VEB Keramik Coswig: Stolz und Wehmut beim Treffen der ehemaligen Keramikwerker

Coswig/MZ - Freitagabend in der „Goldenen Weintraube“ in Coswig: Mit lautem Hallo und herzlichen Umarmungen begrüßen sich die einstigen Angehörigen des ehemaligen Keramikwerkes der Elbestadt. Bei Gundel Schayka, Organisatorin des Treffens, ist die Freude über die zahlreich erschienen Kolleginnen und Kollegen sichtlich groß. „Wir haben schon mehrere solcher Treffen durchgeführt. Und jedes Mal mit einer tollen Beteiligung“, erzählt die gelernte Keramikmalerin.
Stolz ist auch in den Gesichtern der Keramiker abzulesen. Schließlich kann ihr Handwerk auf eine jahrhundertealte Tradition in dem anhaltischen Ort zurück blicken.
Am 1. Mai 1972 wurde aus dem halbstaatlichen „Vereinigte Keramische Werkstätten Boenicke, Pflug und Co.KG.“ der „VEB Keramik Coswig“ gegründet. Aus dem Produzenten reinen Gebrauchsgeschirrs entwickelte sich mehr und mehr ein Hersteller kunsthandwerklicher Keramik mit dem typischen „Coswiger Gesicht“ in grau/blau.
Bereits 1659 gab es in Coswig eine Töpferinnung. Die Zahl der Meister wuchs über die Zeit bis auf 20 im Jahre 1888. Das war der Höhepunkt in der Entwicklung kleiner Töpferbetriebe in der Elbestadt. Bekannte und nützliche Erfindungen, wie die des Gärkruges von Feuerherd hatten in den Coswiger Werkstätten ihren Ursprung.
In der Folge entstanden Manufakturen und Kleinbetriebe. Zeugnisse der alten Handwerkskunst gibt es heute noch im Museum der Stadt Coswig im Klosterhof zu sehen. Öffnungszeiten sind Montag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr, Sonnabend, Sonn- und Feiertags von 13 bis 16 Uhr.
Exporte in aller Herren Länder zeugten von der Qualität der Erzeugnisse. Auch auf dem Binnenmarkt war die Keramik sehr beliebt, aber im Einzelhandel kaum zu haben. 1990 wurde aus dem VEB die „Coswiger Keramik GmbH“. Fehler im Management und sinkender Absatz führten dazu, dass der Betrieb am 10. Januar 1995 für immer schließen musste.
Langjährige Zeitzeugen der Betriebsgeschichte sind Fritz Wielop und Manfred Treffkorn, die von 1951 bis 1992 dem Unternehmen angehörten. „Wir waren von der Lehre an zusammen“, erinnert sich Treffkorn und ergänzt: „Es war stets ein ganz tolles Arbeitsklima in unserem Betrieb, wir waren eine Familie. Es hat einfach Spaß gemacht.“
Bis zu seinem Ausscheiden aus der Firma war der Scheibentöpfer auch als Lehrausbilder tätig und hat so manchem jungen Menschen das Abc seines Handwerks beigebracht.
Im weitesten Sinne zum Handwerk gehört auch das „Töpferschwein“, über das Wielop zu berichten weiß. Kein Laie kann sich darunter etwas vorstellen, die versammelten Kollegen der „Innung“ aber wissen Bescheid. Geheimnisvoll raunt Gundel Schayka: „Ich habe es nur gerochen, nicht gegessen“. Der Veteran lüftet das Geheimnis: „Das Töpferschwein ist ein gebratener Hund, der in alten Zeiten über die Not half.“
Eine Vertreterin der jüngeren Generation ist Jessica Albrecht. Ihre Lehre zur Keramikerin absolvierte sie noch Anfang der 90er Jahre im Coswiger Werk und denkt mit Freude an die Zeit zurück. „Damit war ich eine der Letzten in der Firma. Ich habe sozusagen das Licht ausgemacht“, sagt sie etwas wehmütig. Für sie selbst war es ein Neuanfang. Als selbstständige Töpferin betreibt sie in der Wittenberger Karlstraße und in Schmilkendorf Werkstätten und Geschäfte, ebenso wie ihre Kollegin Dany Apitz in Pülzig.
Viel gibt es an diesem Abend noch zu erzählen, Erinnerungen werden wach, Erfahrungen ausgetauscht und nebenbei manch köstlicher Happen genossen. „Töpferschwein“ stand allerdings nicht auf der Speisekarte.