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Überbewerteter «Jedermann-Verkehr»

Von Markus Wagner 12.02.2007, 18:24

Wittenberg/MZ. - Zwar hat das Gericht dem Kreis auferlegt, bis 9. März neu zu entscheiden, ob nun Scalar oder der "Neue Wittenberger Busverkehr" (NWB) die Linien vorläufig bedienen darf, ansonsten aber hat es den Antrag von Scalar im Wesentlichen verworfen.

Was Schöley beruhigt: Das Verfahren mit europaweiter Ausschreibung sei vom Gericht im Grundsatz bestätigt worden. Gleiches gelte für das Einschalten eines Ingenieurbüros und für die Entscheidungsfreiheit des Kreises bei der Bewertung beider Angebote. Die Bewertung hatte allerdings dazu geführt, dass der Kreis neu entscheiden muss. Der Grund: Lediglich unter der Rubrik "Jedermannverkehr" hatte der NWB so viele Pluspunkte gesammelt, dass die alleine ausgereicht hätten, um den Wettbewerb zu gewinnen. Die Punktzahl betrug das Siebenfache der maximal zu erreichenden Punkte aus elf anderen Rubriken. Dies liege laut Gericht "außerhalb einer sachgerechten Bewertung".

Zumal der Kreis Anrufbus und Linienverkehr gleich bewertet hatte. Das wollte das Gericht nicht akzeptieren, weil "qualitative Unterschiede" nicht auszuschließen seien. Bei Anrufbussen würden nicht alle angebotenen Fahrten in Anspruch genommen, Umwege und Zeitverzögerungen seien nicht auszuschließen. Die Gleichsetzung mit klassischem Linienverkehr führe zu einer "gravierenden Überbewertung" des Anrufbus-Angebots.

Ob eine Korrektur der Bewertung allerdings dazu führen wird, dass Scalar in Zukunft wieder fahren kann, ist offen. "Der Punkteabstand war schon sehr deutlich", sagt Fachdienstleiter Holger Zubke, "ob die Neubewertung anders ausfällt, ist nicht klar". So sieht es auch das Gericht. Denn der Antrag von Scalar, das Gericht solle den Kreis sofort anweisen, Liniengenehmigungen zu erteilen, hatte Magdeburg abgelehnt. Dies komme allenfalls dann in Betracht, "wenn das Ergebnis der Neubescheidung voraussichtlich positiv wäre". "Hiervon", so schreibt der 1. Senat des OVG, "vermag der Senat nicht auszugehen".

Wolfdietrich Vetter tut es schon gar nicht. "Ich bin recht zuversichtlich", sagt der Geschäftsführer der im Konsortium mehrerer Busunternehmen führenden Vetter GmbH. Selbst wenn das Anrufbus-System abgewertet werden sollte, "haben wir immer noch das bessere Angebot", so Vetter. Immerhin hatten 4 000 Kunden im Januar die Rufbusse bestellt, "das spricht doch dafür". Deshalb könne er allerdings auch die Kritik des OVG an den Rufbussen nicht nachvollziehen: "Das mit der Qualität ist Ansichtssache".

Allerdings auch das mit den Chancen. Denn auch Scalar-Geschäftsführer Jürgen Röthe ist sich "sicher, dass wir gewinnen werden". Er sei davon überzeugt. Zumal es neben den Problemen bei der Bewertung "viele Dinge gibt, die beim Verfahren nicht in Ordnung waren". Er erwarte nun, dass die Angebote komplett neu bewertet werden. Sollte dort "schöngerechnet" werden, wolle man sich auch dagegen zur Wehr setzen. Scalar könne bei einer Entscheidung für das Unternehmen "mit einer gewissen Vorbereitungszeit" den Fahrbetrieb auch tatsächlich aufnehmen, versichert Röthe. Man überlege, bereits vor dem 9. März dem Landkreis einen Vorschlag zu unterbreiten. Welchen, das ließ Röthe offen.