Travestie-Künstler in Wittenberg Travestie-Künstler in Wittenberg: Gesellschaftsfähig schon vor der Wurst

Wittenberg/MZ - Wann sieht man „Sweety“ mit Bart? Jetzt wo der Travestie-Künstler Conchita Wurst mit Bart, langen Haaren und schickem Fummel den European-Song-Contest (ESC) gewonnen hat. Stefan Schneegaß hat dafür nur ein müdes Lächeln übrig - und ist ansonsten begeistert. „Damit hat man ein Zeichen gesetzt“, sagt Schneegaß, der selbst als Travestie-Künstler im Clack-Theater regelmäßig auf der Bühne steht.
Eigentlich sind es ja zwei Zeichen. Einerseits ein politisches: Angesichts der Situation in Russland, wie Schneegaß sagt. Das sieht man ja auch an den Reaktionen aus Moskau. „Ich würde mich freuen, wenn er ein cooles Konzert in Moskau gibt und Putin sitzt in der ersten Reihe.“ Schneegaß hält Conchita Wurst - eigentlich Tom Neuwirth - für besonders mutig. Nicht etwa, weil er sich in Frauenkleider zwängt - sondern weil er seinen Bart stehen lässt. „Damit aufzutreten erfordert Mut“, sagt Schneegaß. Ein weiteres Zeichen, dass Travestie gesellschaftlich anerkannt werde, ist Wursts Sieg aus seiner Sicht dagegen nicht. Die Zeiten, als man durchs Schlüsselloch beäugt wurde, um in schummrigen Clubs solche Shows zu sehen, sind vorbei. „Zumindest in Deutschland ist Travestie gesellschaftsfähig“, sagt Schneegaß, der ja schon seit Jahren selbst auf der Bühne steht.
"Wir haben noch in der Nacht die Zusammenfassung angeschaut"
So wie am Sonnabend übrigens auch. Live konnte er die Show deshalb nicht mitverfolgen. „Wir haben noch in der Nacht die Zusammenfassung angeschaut.“ Eine Pflichtveranstaltung sei der ESC für ihn nicht - auch wenn er „sehr interessant“ gewesen sei. Conchita Wurst war für Schneegaß da schon kein Unbekannter mehr. „Er war ja schon öfter im Fernsehen.“ Und in den bunten Zeitungen, die Schneegaß und seine Kollegen zur Vorbereitung ihrer Moderationen lesen, sei er ebenfalls öfter vorgekommen. „Die haben ihn ganz schön gepusht“, sagt Schneegaß.
Und das Lied war ja nicht schlecht. „Besser als Lena Meyer-Landrut jedenfalls“, urteilt Schneegaß. Dass es Conchita Wurst genauso gehen wird, wie manchem ESC-Gewinner, der kurz hell leuchtete, hofft Schneegaß nicht. „Ich denke nicht, dass es so kommen wird.“ Noch eins ist völlig klar: Scheegaß als Kandidat beim ESC wird es nicht geben: „Dafür bräuchte man ja erst einmal einen Hit.“