Straßenreinigung Straßenreinigung: Zumutbare Abwälzung?

Wittenberg - Karin Görner ist verwundert. Darüber, wie in Wittenberg die Straßenreinigung organisiert ist. Dass sie aufgefordert wird, selber zu Besen und Schaufel zu greifen, empfindet die ältere Dame, die gesundheitliche Probleme hat, als Zumutung.
Einem Schreiben an die Stadtverwaltung fügt sie ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofes München bei. Das hat bereits im Jahr 2007 entschieden, dass die Abwälzung einer gemeindlichen Reinigungspflicht auf die Anlieger unter dem strikten Vorbehalt der Zumutbarkeit steht. Unzumutbar zum Beispiel sei die Reinigung von Teilen hochbelasteter Straßen.
Frau Görner ist zwar gebürtige Wittenbergerin, lebt aber längst weit entfernt ihrer einstigen Heimat, sie kommt indes gerne ins elterliche Haus zurück, auch für längere Zeit: „Ich kann mich so schlecht davon trennen“, sagt sie im Gespräch mit der MZ und fügt hinzu: „Außerdem will ich gerne das Jubiläumsjahr der Reformation erleben.“ Wenn da die Wittenberger Sitten nicht wären: „Ich zahle doch Straßenreinigungsgebühren und kenne so etwas aus der Stadt, wo ich wohne, gar nicht.“ Sie fragt überdies: „Was ist eigentlich, wenn mir dabei was passiert? Bin ich versichert, wenn ich Arbeiten für die Stadt durchführe?“
Das ist so einfach offenbar nicht zu beantworten. Aus dem Rathaus jedenfalls heißt es: „Wir prüfen, ob unsere Versicherung das übernehmen würde.“ Dass die Regelungen der Wittenberger Straßenreinigungssatzung nicht ungewöhnlich seien, darauf verweist Rathaussprecherin Karina Austermann allerdings ausdrücklich. Sie spricht von der Einstufung in Reinigungsklassen und davon, dass die Stadt einige Arbeiten in eigener Regie übernehme, zum Beispiel in der Altstadt.
In anderen Fällen sind die Anlieger in der Pflicht, Fußweg und Rinne zu reinigen - zahlen dafür aber auch keine Gebühr. „Wer das nicht kann, der muss ein Unternehmen beauftragen“, erklärt Austermann. Sie sagt allerdings auch, dass, wenn sich die Bedingungen ändern, wenn zum Beispiel der Verkehr zunimmt, bei der Verwaltung darum nachgesucht werden kann, die Einstufung zu ändern.
Bei Frau Görner ist es nach Angaben der Verwaltung so, dass ihr Grundstück an zwei Straßen grenzt, wo die Reinigung unterschiedlich geregelt ist. Für die eine zahlt sie Gebühren, dafür erledigt die Stadt Fahrbahn- und Radwegreinigung. Der Fußweg obliege den Anwohnern, ebenso die andere Straße. Unzumutbar sei das nicht, heißt es in einem Schreiben aus dem Rathaus. Die eine Straße weise keine hohe Verkehrsbelastung auf, die andere schon. Aber da müssen die Anlieger ja auch die Fahrbahn nicht reinigen. Frau Görner möge ihren Pflichten nachkommen, sonst werde ein Bußgeldverfahren eingeleitet.
Die ältere Dame will das nicht so einfach hinnehmen. „Ich habe einen Brief an den Oberbürgermeister geschrieben“, sagt sie. „Mal sehen, was der antwortet.“
(mz)