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Stiftung Luthergedenkstätten Stiftung Luthergedenkstätten: Das passiert jetzt an Lutherhaus und Augusteum

Von Corinna Nitz 13.12.2017, 10:48
Stefan Rhein, Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten: „Jedes Gebäude hat seine Biografie.“
Stefan Rhein, Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten: „Jedes Gebäude hat seine Biografie.“ Thomas Klitzsch

Wittenberg - Dass er womöglich mehr „Baumensch“ denn Museumsmann sein werde, hatte ein Journalist prognostiziert, als der Altphilologe und einstige Kustos des Brettener Melanchthon-Hauses, Stefan Rhein, 1998 nach Wittenberg kam. 19 Jahre später erinnert Rhein, Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, selbst an jenen Vergleich.

Und als ganz falsch sollte der sich letztlich nicht erweisen: Seit Stiftungsgründung 1997 und Rheins Dienstantritt im Folgejahr wurden die Museen der Institution grundhaft saniert, zum Teil erweitert und in Mansfeld kam gar ein ganz neues Haus dazu. 2016 haben fast 200.000 Gäste die Museen besucht.

Pläne, Grafiken, Modelle

Auf fast 50 Millionen Euro beziffert Rhein die Bausumme - seit 1998. Nun wird diesem Kapitel im Frühjahr 2018 die erste Sonderausstellung im Augusteum in Wittenberg gewidmet. Titeln soll sie wie berichtet „Bauen für Luther“. In Aussicht stellt Rhein unter anderem Pläne sowie Grafiken, aber auch Modelle.

Und er sagt, dass alle Gebäude der Stiftung vorgestellt werden sollen. Kuratiert werde die Ausstellung im eigenen Haus, „mit externer Hilfe bei der Gestaltung“, und präsentiert im Erdgeschoss des Augusteums. Allein über dieses alte Universitätsgebäude, das bekanntlich anlässlich des Reformationsjubiläums im Rahmen eines Gebäudetauschs und Besitzerwechsels zur Stiftung kam, könnte eine eigene Ausstellung gemacht werden.

Der neue Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt ist auch der „alte“: Stefan Rhein. Wie der promovierte Altphilologe auf Anfrage der MZ erklärt, habe er für weitere fünf Jahre einen Vertrag unterzeichnet. Ausgeschrieben worden war die Stelle turnusgemäß im vergangenen Jahr, es habe einige Mitbewerber gegeben. Rhein, Jahrgang 1958, war bis 1997 Kustos am Melanchthonhaus in Bretten, zudem seit 1994 im Nebenamt Leiter der Reuchlin-Forschungsstelle der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. 1998 wurde er Direktor der erst 1997 gegründeten Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, zu der inzwischen fünf Museen gehören - neben Luther- und Melanchthonhaus in Wittenberg sind das Martin Luthers Geburtshaus in Eisleben, ebendort das Museum „Luthers Sterbehaus“ sowie Luthers Elternhaus in Mansfeld (siehe auch www.martinluther.de). 

Nachdem erst Anfang November dort die Nationale Sonderausstellung „Luther! 95 Schätze - 95 Menschen“ abgebaut worden war, ist die Hofseite der Immobilie nun wieder eingerüstet, im Wind flattern Planen.

Bei diesem dritten Bauabschnitt soll Rhein zufolge der Innenausbau im zweiten und dritten Stock des Seitenflügels, in dessen Erdgeschoss sich bereits das Restaurant „von Bora“ befindet, beendet werden, ebenso die Fassadenarbeiten zum Innenhof. Fertig werden wolle man „im April, Mai 2018“, so das Wetter mitspielt. Danach soll auch die Verwaltung der Stiftung, die momentan zusätzlich externe Räume nutzt, dort zusammengeführt werden.

Bereits im Erdgeschoss untergebracht ist die Museumspädagogik/Kulturelle Bildung und zwar dort, wo zu Uni-Zeiten mal die Anatomie untergebracht war und sich später die Hausmeisterwohnung des Evangelischen Predigerseminars befand.

Ein kirchliches Zentrum

Auch das Seminar ist ein Kapitel für sich, gerade wurde am Westeingang zur historischen Altstadt, im Schloss, die Fertigstellung des neuen Standortes gefeiert. Das Ensemble dort mit seinen verschiedenen Nutzern nennt Rhein nun Wittenbergs „kirchliches Zentrum“. Der deutsche Protestantismus habe „endlich eine Adresse bekommen“.

So richtig vorstellen konnte oder wollte sich das noch vor wenigen Jahren nicht jeder in der Stadt. Und nicht bloß hinter vorgehaltener Hand hieß es, „das Seminar verlässt 200 Jahre Geschichte und geht ins Ungewisse“. Eine Vorstellung, die manchem ziemlich quer im Magen lag. Sicher auch nicht immer leichten Herzens, aber mutig vorangegangen ist damals Seminardirektorin Hanna Kasparick. Nun sagt Rhein: „Sie hat Stadtgeschichte geschrieben.“

Zurück zur Baugeschichte der Stiftung Luthergedenkstätten, deren Komplexität nicht unterschätzt werden sollte: Die Verantwortlichen haben sich in dem Spannungsfeld Denkmalpflege, Bauen im Bestand, Neubau bewegt. Rhein bekräftigt: „Die Neubauten sind die wichtigste denkmalpflegerische Maßnahme.“

Denn die teilweise zum Unesco-Weltkulturerbe zählenden Bauwerke wurden von Nutzungsfunktionen (u. a. Sanitär) befreit, die Häuser als wichtige Exponate erlebbar gemacht. Zudem wurden sie barrierefrei erschlossen, Besucher mit Handicap werden nicht mehr ausgegrenzt.

Hüllen wollen gefüllt sein

Dabei provozierten insbesondere Neubauten vereinzelt heftige Reaktionen. Doch dem Vorwurf von der architektonischen „Todsünde“ - etwa am Beispiel des Glasverbinders auf dem Lutherhof - stehen inzwischen einige Auszeichnungen entgegen. Zuletzt gab es 2016 für das Eingangsgebäude des Augusteums eine Auszeichnung beim Architekturpreis des Landes Sachsen-Anhalt.

Und mit Neubauten wie in Mansfeld, wurde die Baugeschichte fortgeschrieben. Es sei ein Signal, dass Luther auch heute „lebt“. Rhein: „Seine Präsenz in der Gegenwart braucht eine moderne Hülle.“

Hüllen wollen gefüllt werden. Im Augusteum geschieht dies 2018 mit der ersten Sonderausstellung zur Baugeschichte der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt. Jedes Gebäude habe seine Biografie - und die steckt voller Geschichte(n). (mz)

Weiter geht’s: Im Augusteum, dem Vordergebäude des Lutherhauses Wittenberg, wurde der dritte Bauabschnitt in Angriff genommen.
Weiter geht’s: Im Augusteum, dem Vordergebäude des Lutherhauses Wittenberg, wurde der dritte Bauabschnitt in Angriff genommen.
Thomas Klitzsch