1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Stiftung Christliche Kunst: Stiftung Christliche Kunst: Ein guter Platz für Kunst nach 1945

Stiftung Christliche Kunst Stiftung Christliche Kunst: Ein guter Platz für Kunst nach 1945

Von Corinna Nitz 02.11.2019, 08:38
Im Wittenberger Schloss hat auch die Stiftung Christliche Kunst ihr Domizil. Am 5. November gibt es dort ein Ausstellungsgespräch.
Im Wittenberger Schloss hat auch die Stiftung Christliche Kunst ihr Domizil. Am 5. November gibt es dort ein Ausstellungsgespräch. Alexander Baumbach

Wittenberg - Vor 18 Jahren haben sich Gisela Meister-Scheufelen und Ulrich Scheufelen aus Baden-Württemberg von ihrer Privatsammlung mit christlicher Druckgrafik von bedeutenden Künstlern getrennt und diese nach Wittenberg gestiftet. Nach Stationen in der Schlossstraße und im Alten Rathaus befindet sich die Stiftung Christliche Kunst seit 2017 in mehreren Räumen im Wittenberger Schloss. Jetzt kommt Ulrich Scheufelen wieder nach Wittenberg. Für die Mitteldeutsche Zeitung hat Corinna Nitz vor seinem Besuch mit ihm gesprochen.

Bevor Sie Ihre Sammlung damals weggaben, sagten Sie in einem MZ-Interview, Wittenberg wäre eine schöne Bleibe. Warum Wittenberg?
Ulrich Scheufelen: Das hat mit der protestantischen Tradition in Wittenberg zu tun. Meine Frau und ich sind beide in der evangelischen Kirche. Wir hatten damals auch ein Angebot von einem Landesmuseum in Berlin. Aber es gibt dort so viel große Kunst, dass wir wahrscheinlich auch ein bisschen untergegangen wären. Wittenberg ist ein guter Platz.

Sie befürchteten seinerzeit auch, dass es schmerzen würde, wenn die Kunstwerke von den Wänden abgehängt werden. Wie haben Sie den Schmerz überwunden und die Leerstellen gefüllt?
Mit neuen Kunstwerken. Wir haben privat wieder christliche Druckgrafik gesammelt und sammeln noch.

Der Papierhersteller Ulrich Scheufelen, Jahrgang 1943, lebt im baden-württembergischen Lenningen. Verheiratet ist er mit der Juristin Gisela Meister-Scheufelen, die Vorsitzende des Normenkontrollrats Baden-Württemberg für Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung ist. In der hiesigen Region bekannt wurden die Kunstkenner, als sie ihre Privatsammlung mit christlicher Druckgrafik des 20. Jahrhunderts nach Wittenberg gestiftet haben: gut 250 Werke von Künstlern wie Otto Dix, Max Beckmann, Marc Chagall, Ernst Barlach oder Emil Nolde. Inzwischen ist der Bestand auf 650 angewachsen. Um die Stiftung kümmert sich vor Ort maßgeblich die Wittenbergerin Jutta Brinkmann, die auch Vorstandsvorsitzende ist, sich aber 2020 zurückziehen will. Der Posten soll neu besetzt werden, dazu gibt es im Frühjahr eine Kuratoriumssitzung. Unabhängig davon könnten sich Interessierte, vorzugsweise kunstaffine Menschen mit Idealismus und Zeit, unter Tel. 0171/5701367 bei Ulrich Scheufelen melden.

Am 5. November ist Ulrich Scheufelen in der Stiftung Christliche Kunst im Wittenberger Schloss bei einem Ausstellungsgespräch zu Gast, ebenso der Wittenberger Sammler Gerd Gruber. Außerdem sind Schüler des Luther-Melanchthon-Gymnasiums angekündigt sowie die Kunsthistorikerin Ulrike Brinkmann, die auch die Ausstellung „Kunst nach 1945“ kuratiert hat. Es moderiert Giorgos Kalaitzis von „WittenbergKultur“. Beginn ist 17 Uhr, der Eintritt frei.  

Von Zeit zu Zeit haben Sie in der Vergangenheit auch neue Arbeiten nach Wittenberg zugestiftet. Warum?
Die Sammlung in Wittenberg zu ergänzen, ist uns ein Bedürfnis. Aber wir haben dort auch Zustiftungen aus Dänemark und Deutschland erhalten.

Glauben Sie, dass die Sammlung in Wittenberg hinreichend wahrgenommen wird?
Ja, das glaube ich schon. Wir haben auch Unterstützung durch die Stadt, die uns Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hat. Und in unserem Kuratorium sitzen sowohl der frühere als auch der amtierende Oberbürgermeister. Ich möchte auch noch einmal daran erinnern, dass, als wir nach Wittenberg kamen, alles erst durch den Stadtrat musste. Da gab es einen einstimmigen Beschluss.

Wie steht es um die Stiftung, ihre materielle Ausstattung?
Da muss ich unserer Vorstandsvorsitzenden Jutta Brinkmann ein großes Lob aussprechen. Sie hat immer darauf geachtet, dass wir in den Ausgaben sparsam wirtschaften. Wir haben nach wie vor ein Guthaben. Die Stiftung steht finanziell gut da.

Und die personelle Situation? Der laufende Betrieb wird ja in erster Linie von Jutta Brinkmann mit Hilfe etwa von Bundesfreiwilligen abgesichert. 2020 wird sie 70 und will sich in den Ruhestand zurückziehen. Wie geht es dann weiter beziehungsweise wie wird die Nachfolge geregelt?
Es ist richtig, personell kommen Veränderungen auf uns zu. Das Ausscheiden aus dem Vorstand mit 70 regelt aber auch unsere Satzung. Im Mai treffen wir uns zur Kuratoriumssitzung, und wir fangen jetzt an zu suchen.

Wer käme in Betracht für den Vorstandsvorsitz?
Zum Beispiel pensionierte Kunstlehrerinnen oder Kunstlehrer oder pensionierte Pfarrer. Auch über eine Kunsthistorikerin oder einen Kunsthistoriker würden wir uns freuen.

Ist es ein reines Ehrenamt?
Es ist natürlich viel Idealismus dabei, aber es gibt auch ein kleines Salär.

Immerhin geregelt scheint die Frage des Domizils im Schloss, der Mietvertrag wäre ja Ende 2019 ausgelaufen. Für wie lange wurde er jetzt verlängert?
Für drei Jahre. Wir gehen aber davon aus, dass wir noch länger bleiben werden.

Nun kommen Sie am Dienstag nach Wittenberg. Im Schloss gibt es ein öffentliches Gespräch in der Ausstellung „Kunst nach 1945“ zwischen Ihnen und dem Sammler Gerd Gruber. Worum wird es gehen?
Ich nehme an, dass wir gefragt werden, warum wir sammeln. Und vielleicht auch nach der Zusammenarbeit in Bezug auf die aktuelle Ausstellung.

Was die Ausstellung, aber ganz besonders die Sammlung der Stiftung Christliche Kunst betrifft: Warum lohnt sich ein Besuch auch für Menschen, die konfessionell nicht gebunden oder vom Glauben weit entfernt sind?
Weil es große Künstler sind, die dort gezeigt werden. Und christliche Motive sind einfach auch in der Kunstgeschichte bedeutsam. (mz)