Stadtrat in Gräfenhainichen Stadtrat in Gräfenhainichen: Harsche Kritik für den einsamen Kritiker

Gräfenhainichen/MZ - Der Stadt Gräfenhainichen fehlen 4,2 Millionen Euro, um die laufenden Ausgaben 2013 begleichen zu können. Besser wird es auch in den Folgejahren nicht aussehen. Kämmerin Silvia Scholz nennt das Jahr 2026 als den Zeitpunkt, wo die Stadt erstmals einen nachhaltigen Haushaltsausgleich erreichen kann.
Das sind die Rahmenbedingungen des kommunalen Etats, für den die Stadträte mehrheitlich stimmten. Das Ja trotz Millionenloch findet das Gros der Räte so ungewöhnlich nicht. „Wir werden zumindest handlungsfähig und können die Investitionen angehen“, betont Linken-Chefin Christel Lück. Auch Sepp Müller (CDU) hebt die Hand zum Ja. Dabei war er es, der vor Wochen mit der Idee hausieren ging, überhaupt keinen Haushalt zu beschließen und mit dem dann logischen Wegfall sämtlicher nicht vertraglich gebundener Ausgaben richtig Geld zu sparen.
Jetzt stimmt Müller wie die Mehrzahl seiner Ratskollegen für eine allgemeine Ausgabenreduzierung um vier Prozent und eine Haushaltssperre von 20 Prozent. Ausgenommen sind unter anderen die Zuschüsse an Vereine und für die Seniorenarbeit.
Es gibt wenig Widerstand gegen das Zahlenwerk. Günter Lönnig (Wählergemeinschaft), Möhlauer Ortsbürgermeister und bekennender Kritiker der Zwangsehe seiner Heimatkommune mit Gräfenhainichen, bleibt beim rigorosen Nein. Ausgabenreduzierung und zum Teil erhebliche Steuererhöhungen etwa bei den Grundsteuern: Für den Möhlauer ist das die Folge der Einheitsgemeinde. Nichts, aber wirklich nichts sei besser geworden für den Bürger.
Das kommt nicht gut an im Stadtrat. „Sie entziehen sich doch nicht aus der Verantwortung, wenn Sie hier immer mit Nein stimmen“, redet sich Linken-Stadtrat Michael Walther in Rage. Er lasse sich auch nicht einreden, dass im Rat zu Lasten der Bürger entschieden werde. Walther bekommt für diese Einlassung Beifall von fast allen. Lönnig steht allein da und bleibt bei seiner Skepsis. Abwasser- und Trinkwasserpreise hoch, neue Hundesteuer, Zweitwohnsitzsteuer, die es bisher nicht gegeben hat für die Bewohner der Möhlauer Bungalowsiedlung: Da will Lönnig nichts anderes als Nein sagen. Zumal etwa bei der Erhebung einer Steuer für Bungalows auch was getan werden müsste in Sachen Infrastruktur.
Damit allerdings sieht es schlecht aus im laufenden Haushalt, der einige Baustellen zu bieten hat. Den 4,7 Millionen Euro schweren und für Investitionen maßgeblichen Vermögenshaushalt können die Stadtväter nur ausgleichen, indem sie auf Grundstücksverkäufe (Fotos) setzen. Bis die realisiert sind, müssen Investitionen wie die ins Hohenlubaster Feuerwehrgerätehaus warten (die MZ berichtete). Unklar ist außerdem, mit welchen zusätzlichen Kosten im Verwaltungshaushalt gerechnet werden muss, wenn die Regelungen des neuen Kinderförderungsgesetzes greifen. Auf Nachfrage bestätigt Vize-Bürgermeisterin Petra Helbig, die bisher geltenden Haushaltsansätze in das Zahlenwerk eingestellt zu haben. Nicht berücksichtigt wurden von der Verwaltung der gesetzlich eingeräumte und auch für Kinder bis drei Jahre geltende Ganztagsbetreuungsanspruch und der damit möglicherweise entstehende Mehrbedarf an Erziehern.

