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Spielplatz-Analyse für die Schublade?

Von Ute Otto 29.05.2006, 17:28

Wittenberg/MZ. - Ein dicker Aktenordner steht am Ende einer sechsmonatigen Mission von Verena Müller und Jana Wolfsteller. Für jeden der 13 Spielplätze im Wittenberger Wohngebiet Lerchenberg / Trajuhnscher Bach gibt es in dem Hefter einen Abschnitt. Akribisch protokolliert sind die Visiten der beiden ehemaligen Ein-Euro-Jobberinnen des unter Federführung des Internationalen Bundes (IB) stehenden Netzwerkes "Stadtteilladen", in denen Lage und Ausrüstung ebenso analysiert wurden wie der Zustand von Sandkästen und Spielgeräten, die Zahl der sich tummelnden Kinder und beaufsichtigenden Eltern zu bestimmten Zeiten bis hin zu einer Kurzbeschreibung, wie die Kinder dort spielen.

Dass sie diese Beschäftigung ausgerechnet über die Wintermonate hatten, bedauern die beiden jungen Frauen etwas. "Jetzt hätten wir weitaus mehr zu tun gehabt", sagt Jana Wolfsteller angesichts der großen Kinderschar, die sich schon am Vormittag auf dem Areal zwischen IB-Ausbildungsstätte und des Gebäudes der Kommunalen Datenverarbeitungsgesellschaft (KDG) tummelt. Wegen der Vielfalt der Spiel- und Klettergeräte des unter dem Arbeitstitel "Boot" firmierenden Platzes haben sie diesen an die erste Stelle ihrer persönlichen Beliebtheitsskala gesetzt.

Was sich mit den offensichtlich mit den Erfahrungen der Kinder deckt: "Dieser Platz gehört zu den am meisten frequentierten", sagt Verena Müller. Währenddessen friste zum Beispiel in der Kreuzstraße Rutsche und Klettergerüst ein Schattendasein, eben weil sie dort sehr versteckt stehen und zudem wahrscheinlich die Kinder in diesem Karree dem Sandkasten entwachsen sind.

Die bei den ersten Spielplatzvisiten festgestellten Mängel - häufig marode Sandkastenabtrennungen, splitternde Holzbalken, fehlende Schaukelsitze oder Stolperfallen - wurden an die Stadt weiter geleitet. Im Verlauf der Maßnahme sei das weniger geworden, versichern die beiden. Als problematisch beschreibt allerdings Jana-Wolfsteller die Zustände auf dem so genannten "Gummi-Platz" in der Nuschke-Straße: "Dort ist es immer vermüllt". Kaputte Flaschen und Glasscherben lägen herum.

Die berufsfremde Tätigkeit - beide Frauen kommen aus dem kaufmännischen Bereich - habe ihnen "großen Spaß gemacht". Zumal Jana Wolfsteller zugibt, "ein richtiges Spielplatzkind" zu sein. Noch heute, gesteht die 22-Jährige, "klettere ich manchmal, heimlich, wenn es dunkel ist".

Ziel der Aktion war es nach Aussagen von Verena Müller, zu ergründen, ob die Spielplätze den Ansprüchen genügen, herauszufinden warum manche ungenutzt bleiben und daraus Veränderungen abzuleiten. Ein weiteres Anliegen dieses Projektes sei es aber auch gewesen, zu prüfen, ob mit der Betreuung von Kindern auf öffentlichen Spielplätzen Arbeitsplätze zu schaffen sind. "Wenn ich Mutter wäre, fände ich es schon gut, zu wissen, dass da draußen jemand nach den Kindern sieht", meint die 25-Jährige, die aber bislang "nur" mit ihrem kleinen Neffen auf den Spielplatz geht.

Weil es aber niemanden gibt, der so etwas bezahlen kann oder will, sind Verena Müller und Jana Wolfsteller nun erneut auf Job-Suche.