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Pandemie So beurteilt eine Hausärztin das Impfgeschehen im Landkreis Wittenberg

Seit es erlaubt ist, impft die Internistin und Hausärztin Saskia Leszczenski in ihrer Praxis gegen Corona. Wie die Wittenbergerin das Impfgeschehen einschätzt.

Von Corinna Nitz 03.06.2021, 10:16
Saskia Leszczenski: Seit es möglich ist, impft die Wittenberger Ärztin auch in ihrer Praxis gegen Covid.
Saskia Leszczenski: Seit es möglich ist, impft die Wittenberger Ärztin auch in ihrer Praxis gegen Covid. (Foto: Klitzsch)

Wittenberg - Saskia Leszczenski impft schon eine ganze Weile gegen Covid-19. Unter anderem war sie in einem mobilen Impfteam im Einsatz. Seit es erlaubt ist, impft die Fachärztin für Innere Medizin, die in Wittenberg als Hausärztin niedergelassen ist, natürlich auch in ihrer eigenen Praxis. Auf die Frage, wie sie das derzeitige Impfgeschehen, respektive die Quoten einschätzt, sagt sie: „Wir könnten besser sein, wenn wir mehr Impfstoff hätten.“

Tatsächlich ist der aber nach wie vor knapp, gleichzeitig ist die Nachfrage in der Bevölkerung groß. „Aufgrund der zunehmenden Ausstellung von Arbeitgeberbescheinigungen und der baldigen Freigabe der Priorisierung nehmen die Anfragen auch weiterhin zu, der Impfstoffbedarf steigt“, so die Medizinerin.

Ein Hauch von Lotterie

Die Bestellung der Vakzine indes mutet ein bisschen an wie eine Lotterie. Impfstoff darf Leszczenski zufolge über die Apotheke des Vertrauens mittels Rezept bestellt werden. Diese Rezepte müssen jeden Dienstag bis 12 Uhr in der Apotheke für die Bestellung der darauffolgenden Woche eingehen. „Art und Menge des bestellbaren Impfstoffes“, so Leszczenski, „wird von der Kassenärztlichen Vereinigung per E-Mail Sonntag Nacht mitgeteilt“, weshalb sie schon mal zu fortgeschrittener Stunde in ihr Postfach schaut - einfach um zu wissen, was sie erwartet.

In dieser Woche könnten demnach 18 Impfdosen von Biontech, 20 Impfdosen von AstraZeneca und „unbegrenzt“ Dosen Johnson&Johnson für Erstimpfungen bestellt werden, Zweitimpfstoff werde separat bestellt. Leszczenski: „Diese maximale Bestellmenge entspricht aber nicht dem, was man erhält.“ Für diese Woche habe sie zum Beispiel zwölf Impfdosen Biontech, statt der bestellten 24 erhalten. Wieviel Impfstoff wirklich ankommt, erfahre man von seinem Apotheker frühestens am Donnerstag in der Bestellwoche.

Diese Unsicherheit über die zu erwartende Impfstoffmenge habe zur Folge, dass Patienten nur sehr kurzfristig einbestellt oder gegebenenfalls eben wieder abbestellt werden müssen. Sie wisse auch von Kollegen, „die nicht einmal die angeforderte Menge an Zweitimpfungen erhalten haben“. Insgesamt handele es sich um eine „logistisch sehr herausfordernde Situation“, da zusätzlich zum „Zu- und Abbestellen“ von Patienten und der Klärung von Prioritäten auch der normale Praxisbetrieb weiterläuft, „weiterlaufen muss“.

Auf die Frage nach der Stimmungslage in der Ärzteschaft, heißt es, diese sei angespannt, auch frustriert. Beruhte der Frust anfänglich auf dem Umstand, impfen zu wollen und nicht zu dürfen, als das Impfen für Arztpraxen noch nicht freigegeben war, so sei das aktuelle Problem der Mangel an Impfstoff beziehungsweise „die mangelnde Belieferung der Arztpraxen“.

Und dennoch: Trotz des Mehraufwandes, der mit der Impfkampagne einhergeht, und der Lieferengpässe wirkt Leszczenski nicht zerknirscht, im Gegenteil: Die 48-Jährige macht - eigentlich wie alle Menschen, die das, was sie tun, gern machen - einen zuversichtlichen Eindruck. Ob sie die Lieferschwierigkeiten erklären kann? Nein, und selbst wenn, „es ändert doch nichts daran, dass ich mit der Situation umgehen muss“. Dabei sei es wichtig, nicht nur dorthin zu schauen, wo es besser läuft, es gebe schließlich Länder, wo es schlechter ist, und unter Hinweis auf Indien, wo die Pandemie vor einigen Wochen bekanntlich ziemlich außer Kontrolle geraten ist, sagt sie: „Ein bisschen Demut würde uns gut tun.“

Hinzu komme, dass es so eine Situation eben noch nie gab, und dass es auch ein Jahr nach Pandemiebeginn für vieles noch keine, nennen wir es einmal, Blaupause gibt. „Man weiß erst hinterher, ob es richtig war oder falsch“, sagt Saskia Leszczenski und betont gleichzeitig die Wichtigkeit, aus Fehlern zu lernen.

Schwierige Zeiten

Keinen Zweifel scheint die Fachärztin und dreifache Mutter an der Bedeutung der Impfung zu haben. Sie berichtet von vielen älteren Patienten, die sie im Pflegeheim verloren habe und erinnert an einen anderen, tragischen Fall, der noch gar nicht so lange her ist, die Patientin aber gehörte wohl nicht zur Personengruppe der ersten Priorität. Sie erkrankte an Covid-19, es war ein schwerer Verlauf, Leszczenski sagt: „Wenn wir sie hätten eher impfen können, wäre das nicht so gewesen.“

Gleichzeitig blickt die Ärztin auf die Jungen, denen - sicher in unterschiedlichem Maße - coronabedingtes Homeschooling und Kontaktbeschränkungen zugesetzt haben. „Es sind auch schwierige Zeiten für die Jugend“, findet Leszczenski, und auch dies sei ein Grund, warum sie impft, denn: „Anders kommen wir nicht aus dieser Situation. Das Virus wird bleiben.“ Apropos: Welchen Impfstoff bevorzugen Sie, Frau Leszczenski? Sie bestelle vorwiegend Biontech, wegen der Empfehlung für die verschiedenen Altersklassen. Inzwischen gebe es aus praktisch allen Altersgruppen Fragen nach einer Impfung. (mz)

Comirnaty von Biontech Pfizer gehört nach wie vor zu den begehrten Impfstoffen gegen Corona.
Comirnaty von Biontech Pfizer gehört nach wie vor zu den begehrten Impfstoffen gegen Corona.
(Foto: Klitzsch)