Senioren- und Pflegezentrum Am Lerchenberg Senioren- und Pflegezentrum Am Lerchenberg: Bewohner werden zur Kasse gebeten

Wittenberg - Der Aufschlag ist happig: Rund 500 Euro mehr pro Monat, rechnet eine Kembergerin vor, deren Mutter im Senioren- und Pflegezentrum Am Lerchenberg in Wittenberg lebt. Ihren Namen möchte sie nicht in der Zeitung lesen, sie befürchtet Nachteile für sich und ihre Mutter. Ihre Empörung aber will die Kembergerin öffentlich machen.
Als sie ins Heim zog vor vier Jahren, habe der Eigenanteil an den Pflegekosten für ihre 86 Jahre alte Mutter bei 1.100 Euro gelegen, jetzt sind es knapp 1.600 Euro. Was sie besonders fuchst: „Im April ist die Erhöhung bekannt gegeben worden, rückwirkend zum Januar. Im Mai wurde alles auf einen Schlag vom Konto abgebucht.“
Sie habe zwar, weil Witwen- und Altersrente zusammen nicht reichen, einen Antrag auf Sozialhilfe gestellt, über den sei aber noch nicht entschieden. Die Tochter fürchtet, einen Teil der Kosten übernehmen und womöglich ihre eigene Altersvorsorge deshalb auflösen zu müssen und sagt: „Hier wird doch neue Altersarmut geschaffen.“
Bei einer Informationsveranstaltung für Angehörige zum Thema seien Tränen geflossen. Dass Pflegekräfte anständig bezahlt werden müssen, sei keine Frage, sagt die Kembergerin, die haben schließlich einen schweren Job, aber es könne nicht sein, dass die Kosten in solchem Maße steigen.
Matthias Henschel, der Leiter des Senioren- und Pflegezentrums, sieht das gar nicht anders. Er kennt den Unmut und die teilweise Verzweiflung der Angehörigen nur zu gut. Er sagt auch: „Es besteht die Gefahr, dass ein Großteil der Bewohner zu Sozialhilfeempfängern wird.“
Die Zahl derer, die die Kosten nicht mehr alleine aufbringen können, wachse. Allein, Henschel sieht keine Möglichkeit, die Kostensteigerung zu beschränken. Dass die Zuzahlung so stark steigt, habe im Wesentlichen mit den Löhnen zu tun: „Wir haben die Vergütung deutlich angehoben“, erklärt Pflegedienstleiter Jörg Böttcher, zwischen zehn und 20 Prozent zum neuen Jahr.
Bislang sei das Lohnniveau relativ niedrig gewesen. Der Mangel an Fachkräften aber zwinge dazu, besser zu zahlen, das werde doch allerorten gefordert: „Es geht darum, die Leute zu halten. Und wir reden hier von der Anerkennung der Arbeit des Personals“, bestätigt Matthias Henschel. Er sagt auch: „Auf dem Markt gibt es kaum noch Pflegefachkräfte.“
Nicht zuletzt deshalb bildet das Senioren- und Pflegezentrum Nachwuchs aus - was sich wiederum auf die Kosten niederschlägt. Ein weiteres Mittel, um Leute zu halten: anständige Arbeitsbedingungen, in dem Fall Pflegehilfsmittel, um die körperlich schwere Arbeit zu erleichtern.
Das große Problem sieht Henschel darin, dass Kostenerhöhungen derzeit zu hundert Prozent von den Bewohnern oder deren Angehörigen finanziert werden müssen. Denn der Satz für Pflegegrad III zum Beispiel bleibt gleich: 1 262 Euro. Die Summe müsste entweder angehoben werden oder flexibel sein, also steigen, wenn die Kosten steigen.
Das ist um so notwendiger als Henschel davon ausgeht, dass das Ende der Fahnenstange nicht erreicht ist: „Bis 2020 steigt der Mindestlohn. Weitere Erhöhungen sind absehbar.“ Die Pflegeversicherung, so seine Forderung, gehöre reformiert.
Bislang ist ein Bewohner des Senioren- und Pflegeheims ausgezogen aus Kostengründen. Das könnte sich ändern. Allerdings, so Henschel: „Alle Einrichtungen haben dieselben Probleme.“ (mz)