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Promi im Clack-Theater Promi im Clack-Theater: Ursula Karusseit mit Passion für Film und Bühne

Von Rainer Schultz 31.10.2018, 08:49
Hatte einen Auftritt im Wittenberger Clack-Theater: die bekannte, inzwischen 79 Jahre alte Schauspielerin Ursula Karusseit.
Hatte einen Auftritt im Wittenberger Clack-Theater: die bekannte, inzwischen 79 Jahre alte Schauspielerin Ursula Karusseit. Sascha Graf

Wittenberg - Von Beifall begleitet betritt Ursula Karusseit am Sonntagnachmittag die Bühne des Clack-Theaters. Erneut ist es Mario Welker und Stefan Schneegaß gelungen, eine populäre deutsche Schauspielerin zu gewinnen. Wenn man wie Karusseit ein so bewegtes und erfülltes Künstlerleben auf der Haben-Seite verbuchen kann, dann hat man vieles zu erzählen. Manchmal entsteht daraus eine Biografie. „Wege übers Land und durch die Zeiten“, so der Titel, der mehr ist als nur eine Reihung biografischer Daten.

Karusseit blickt auf sieben Jahrzehnte zurück, sie hat Höhen und Tiefen erlebt. Als Kind die Vertreibung aus dem ostpreußischen Elblag, Angst vor marodierenden russischen Soldaten 1945, ein neues Zuhause in Parchim, ihr strenges, religiös geprägtes puritanisches Elternhaus.

„Theaterbesuche als Kind und Teenager waren tabu für mich. Geprägt von Vorurteilen über das lose Theater- und Schauspielerleben verboten mir meine Eltern, strenge Baptisten, ein solches Haus der Sünde zu betreten“, erinnert sich „Usch“, wie sie von ihren Eltern genannt wurde. Dennoch besuchte sie heimlich in Gera für 40 Pfennig Eintritt das Drama „Kabale und Liebe“, damals zwölf Jahre alt. „Bei der Gifttodszene von Luise musste ich herzzerbrechend weinen.“ Dies war wohl die Initialzündung fürs Theater.

Als wäre es gestern gewesen, schildert Karusseit ihre erste Begegnung mit der Bühne. Sie ahnte damals nicht, dass dies ihre Berufung werden sollte. Später erkannte sie: „Es gibt kein Zurück, Schauspielerin ist meine Passion.“ Wenn es so etwas wie Zufälle gibt, dann dürfte es der Folgende sein: Unter den Zuschauern befindet sich Clara Widmer, langjährige Schauspielerin und Regisseurin im Clack und im Elbe-Elster-Theater. „Ursula war ein Studienjahr vor mir an der Berliner Schauspielschule. Wir kennen uns gut“, outet sich Widmer überraschend gegenüber der MZ.

Auch ihr wurden bei der Berufswahl „Schauspielerin“ im Elternhaus Steine in den Weg gelegt. Mitfühlend lauscht sie den Worten von Ursula Karusseit. Der gelingt nach Vorsprechen in Leipzig im zweiten Anlauf in Berlin die Aufnahme an der Theaterhochschule. Fortan zählt sie zu den beliebtesten Bühnenakteuren. Da fallen Sätze wie: „Das Theater ist pure Vergänglichkeit“, aber auch: „Ich bin glücklich, dass ich noch arbeiten darf. Man wird von seinen Genen auf die Bahn geschickt und kann nichts dagegen tun.“

Nostalgie schwingt mit bei Namen wie Hilmar Thate, Angelika Domröse, Manfred Krug. „Wir waren so etwas wie ein erfolgreiches Fernsehquartett. „Manne“ Krug war ein ziemlich Fauler mit Textängsten. Er versteckte Textspickzettel beispielsweise im Zylinder bei „Daniel Druskat“. Diese kleinen Anekdoten lösen Heiterkeit im Publikum aus. Um so trauriger war es für Karusseit, als drei Leute jenes erfolgreichen „Quartetts“ die DDR verließen.

„Wege übers Land“, „Märkische Chronik“, „Liebling Kreuzberg“, „Praxis Bülowbogen“ und der Dauerbrenner „In aller Freundschaft“ waren nur einige der 50 Fernseh- und Defa-Filmproduktionen, die zu Karusseits Popularität beitrugen. Ihre große Liebe galt aber der Bühne (Berliner Ensemble, Volksbühne), wo sie unter Benno Besson große Erfolge feiern durfte. „Mutter Courage“, „Maria Stuart“ und „der Besuch der alten Dame“ sind Paraderollen Karusseits.

Die Stimme, das Kapital einer Schauspielerin, setzt die Buchautorin gekonnt ein. Am Ende nach der Zukunft des Theaters befragt, lautet der Wunsch von Ursula Karusseit: „Theater sollte nicht durch billiges Regietheater und Klamauk ersetzt werden.“

(mz)