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Politik in Wittenberg Politik in Wittenberg: Einfach mal die Welt retten

Von Irina Steinmann 03.08.2016, 08:14
Horst Wallisch wünscht sich endlich Frieden auf Erden. Jetzt hat er zu diesem Zweck eine Partei gegründet. Er hofft, sie wächst noch.
Horst Wallisch wünscht sich endlich Frieden auf Erden. Jetzt hat er zu diesem Zweck eine Partei gegründet. Er hofft, sie wächst noch. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Drei sind sie schon. Horst Wallisch, ein Verwandter und noch ein Wittenberger. Drei müssen sie auch sein. Sonst sind sie keine Partei. Am 8. Mai hat Wallisch in Wittenberg die Weltweite alternative Friedenspartei gegründet, kurz: WWAFP. Wegen einer Formalie - ein Mitglied des exakt dreiköpfigen Vorstandes sprang ab - musste allerdings die Gründung wiederholt und dazu ein „Parteitag“ einberufen werden, berichtet Wallisch, durchaus amüsiert, im Grundsatz findet er das aber völlig korrekt, es muss schließlich alles seine Ordnung haben.

Und es geht ja auch um einiges: Die WWAFP, deren Vorsitzender er ist, will der Welt Frieden bringen. So gesehen könnte die Mitgliederzahl irgendwann sogar die Million übersteigen, die Milliarde gar... Das ist die Theorie. Die Praxis: „Ich bin für die der Spinner“, räumt Wallisch ein, das kann er locker, denn sein Tun beeinflusst diese Diagnose nicht, auch wenn „die“ seine Frau, Freunde und Verwandte einschließt.

Ohne Waffen

Freilich ist WWAFP nicht bloß so eine fixe Idee, die einem kommen mag, wenn man auf der Veranda seines Hauses am dörflichen Wittenberger Stadtrand sitzt und in den stillen grünen Garten schaut. 2008, da war Horst Wallisch noch streitbarer Geschäftsführer des örtlichen Mietervereins, ging bereits diese Homepage online: www.friedensinitiative.org dient ihm inzwischen als Internetauftritt der Partei. Frieden schaffen ohne Waffen, das war der Slogan der Abrüstungsbewegung in den 1980ern, aber er beschreibt auch sehr genau, worauf Wallisch mit seiner Parteigründung inhaltlich abzielt. Keine Waffen, keine Kriege, das ist die Gleichung, die der 75-Jährige aufmacht. Sein Feind sitzt also in der Rüstungsindustrie, vor allem dort, es treiben ihn auch noch einige Verschwörungstheorien um, aber das nur am Rande.

Was er sich, wie er sagt, nicht erklären kann, ist, dass es sich trotz der schlichten Friedensbotschaft als so schwierig erweist, Verbündete zu finden. „Ich habe an alle Regierungen geschrieben“, berichtet er, an die Religionsgemeinschaften und an die Medien sowieso. Und wer hat geantwortet? Ein einziger, sagt Wallisch und präsentiert umgehend eine Kopie des Schreibens vom 14. Oktober 2013: der Papst. Bedauerlicherweise hat sich aber auch diese Zusammenarbeit am Ende nicht als fruchtbar erwiesen: Seiner - Wallischs - Aufforderung in einem zweiten Schreiben, die Gläubigen dazu aufzurufen, nicht zur Waffe zu greifen, sei Franziskus leider nicht gefolgt.

Es ist ein mäandernder Lebenslauf, mit tiefen Ausbuchtungen in den verschiedenen Jahrzehnten, der DDR-Zeit zumal, der Wallisch von einem „stockkatholischen“ Menschen irgendwann zum „parteilosen Kommunisten“ hat werden lassen, ein Übergang, der ihm selbst sehr logisch erscheint und ganz bestimmt sein Tun bestimmt. Die 25 Jahre Mieterverein - von Anfang an bis 2015 war Wallisch dort hauptamtlicher Geschäftsführer - fügen sich hier ziemlich nahtlos ein, auch wenn manchem befremdlich erscheinen mag, dass Wallisch parallel Makler war (und bis heute ist). Unvergessen im Übrigen sein Austritt aus der PDS-Fraktion im Stadtrat 1995 nach Bekanntwerden der Internierungspläne der DDR für Oppositionelle im Schloss Reinharz. Er sollte vielleicht mal ein Buch schreiben über dieses Leben, findet er.

Aber jetzt geht es ihm erst einmal darum, wie die Öffentlichkeit die Nachricht von der neuen Partei überhaupt aufnimmt. Bis dahin machen deren drei Mitglieder, rein parteiversammlungspolitisch betrachtet, noch nichts. Ja, bestätigt Horst Wallisch, man strebe einen Einzug in den Bundestag an, das sei aber, logisch beim Weltfrieden, nur ein „Zwischenziel“. Und man möge ihn jetzt bitte nicht für blauäugig halten: „Ich glaube an den Menschen.“ Das Ziel der WWAFP sei, sämtliche Waffen bzw. Armeen der Befehlsgewalt der Uno zu unterstellen, denn Terror gelte es natürlich weiter zu bekämpfen, und auch die Rüstungsindustrie werde sich sicher nicht auf einen Schlag abschaffen lassen. Er hat in dieser Angelegenheit gerade eine Anfrage laufen beim Auswärtigem Amt: Man möge ihm bitte jene Staaten nennen, die über keine Rüstungsindustrie verfügen, dort hofft er dann auf erste Verbündete beim Abschaffen der Waffen.

Palim, palim

„Meine Frau ist nicht immer glücklich mit mir“, sagt er noch einmal, zum Abschied am Gartentörchen. Statt des Namens steht dort ... „Palim Palim“. Horst Wallisch hat, bei allem Ernst und aller Vorsicht, die ihn zur Anonymität animiert haben mögen, offenkundig auch Humor. Schadet bestimmt nicht, beim Weltretten. (mz)