Piesteritzer Hof Piesteritzer Hof: Große Party trotz Insolvenz

Piesteritz - Nur ein kleines Plakat an der Eingangstür wirbt für eine „fantastische Silvesterparty“: zwei Dancefloors, Galabuffet, Höhenfeuerwerk, Tombola und Sektempfang. 180 Tickets sind für das Event im „Piesteritzer Hof“ bereits geordert.
Es gibt noch ein paar Restkarten. Im Restaurant herrscht am Freitag offensichtlich noch die Ruhe vor dem großen Sturm. Einen Grund zu feiern gibt es für das neue Team kaum. Die Situation ähnelt der vor zwölf Monaten: Nach dem Spektakel war damals Schluss.
Das kann sich wiederholen. „Es sind Betriebsferien bis zum 15. Januar geplant“, sagt der Geschäftsführer aus Wien. Der 50-Jährige hat im Sommer das traditionsreiche Haus wieder eröffnet. Das Lokal mit Kost aus Österreich und Ungarn erlebte in den ersten Tagen einen echten Ansturm. Es musste sogar um Vorbestellungen gebeten werden.
Doch das ist längst Geschichte. Der Alltag ist eher trist. Der Geschäftsführer hat inzwischen sogar beim Amtsgericht Dessau einen Insolvenzantrag gestellt. „Der wurde aber aus formellen Gründen abgelehnt“, informiert am Freitag auf MZ-Anfrage Gerichtssprecher Frank Straube. Allerdings haben auch das Finanzamt und eine Krankenkasse entsprechende Insolvenzanträge gestellt.
Laut Straube droht das Verfahren „mangels Masse“ abgewiesen zu werden. Im Kreis passierte dies allein im Jahr 2016 in 19 von 32 Fällen. Mangels Masse heißt es im Juristendeutsch, wenn nicht genug Geld da ist, um die voraussichtlichen Kosten des Verfahrens zu bezahlen, denn die Richter und die Insolvenzverwalter arbeiten nicht zum Nulltarif. Laut Straube wurde eine Frist gesetzt, um in Vorkasse zu gehen.
Der Inhaber - so nennt er sich in den sozialen Medien - will alle Anforderungern des Gerichts bereits erfüllt haben. Er habe einen Liquiditätsplan und Weiterführungsoptionen eingereicht. „Ein Interessent würde mein Konzept fortführen“, sagt er und betont, dass er das nicht allein entscheiden könne. Dazu gehöre auch der Immobilienbesitzer.
Der Gastronom hat aber noch weiteren juristischer Ärger. Am Arbeitsgericht werden im Januar Klagen ehemaliger Mitarbeiter verhandelt. „Mein Fehler war, ich habe auf das falsche Personal gesetzt“, betont der Chef, der klar macht, dass er nicht bereit sei, ständige Raucherpausen zu bezahlen. Sieht das der Richter auch so, seien die Probleme mit der Krankenkasse hinfällig.
Der Inhaber wehrt sich auch vehement gegen Kritik in den sozialen Medien. „Vielen Dank für die Bewertung“, schreibt er mit Sarkasmus, „es ist ja inzwischen mehr als bekannt, dass derzeit eine extreme Rufschädigungs-Kampagne gegen uns geführt wird“. Auf Nachfrage der Mitteldeutschen Zeitung vermutet er seine Ex-Kollegen hinter diesem Rachefeldzug.
Nach Weihnachten - an den beiden Feiertagen gab es 400 Reservierungen, aber nicht alle erscheinen, was nach Aussagen des Gastronomen zu Problemen führte - folgt ein Shitstorm bei Facebook. Dabei postet ein prominenter Wittenberger Anwalt, der aber nie Gast im „Piesteritzer Hof“ war, das Aktenzeichen des Insolvenzverfahrens. Der in den sozialen Medien Angegriffene hat seine Facebook-Seite gelöscht.
„Es gibt unterschiedliche Bewertungen“, so Dehoga-Vorsitzender Olaf Dähne. „Aber das Piesteritzer Publikum ist ein besonderes“, sagt der Experte, der seine Hilfe anbot. „Schließlich hatte ich ja auch schon österreichische Küche“, so Dähne. Eine Reaktion sei ausgeblieben. (mz)