Piesteritzer Hof Piesteritzer Hof: Ein Wiener wagt den Neustart

Wittenberg - Im Piesteritzer Hof zieht wieder Leben ein. Das traditionsreiche Gasthaus mit Saal und Pension war mehrere Monate geschlossen - ausgerechnet im Jahr des Reformationsjubiläums mit Abertausenden an Gästen. An die zehn Jahre lang hatte die Familie um Emilio Sorrentino die Geschäfte dort geführt.
Der Italiener, der auch die „Trattoria Toscana“ am Holzmarkt betreibt, warf in Piesteritz Ende vergangenen Jahres das Handtuch, schweren Herzens: weil er kein geeignetes Personal fand. Die Familie musste die Engpässe ausbaden. Das ging an die Substanz.
Nun ein neuer Anlauf: Diesmal unternimmt ihn ein Österreicher, ein Mann aus Wien: Rudolf Kleinschnitz. Der 49-Jährige hat Ausschau gehalten nach genau so einem Objekt wie dem Piesteritzer Hof, im Internet wurde er fündig. Die Kombination aus Pension und Gastbetrieb reizt den Mann, der in den vergangenen 30 Jahren ordentlich herumgekommen ist im Bereich der Gastronomie. Er spricht vom „Hotel als Königsdisziplin“, der er sich nun widmet.
In Wittenberg will er keine kleinen Brötchen backen. „Ich möchte das hier groß aufziehen“, kündigt der Wiener an, der seit kurzem Bürger der Lutherstadt ist und noch eine Menge zu tun hat bis zur Eröffnung. Die ist für Juni geplant, ob das klappt, hängt von etlichen Faktoren ab, zum Beispiel von Lieferterminen. In der Küche muss manches erneuert werden.
Die Kühlung zum Beispiel, Kaffee- und Spülmaschinen. Ums künftige Personal kümmert sich Kleinschnitz ebenfalls, er spricht von rund 14 Leuten, die es einzustellen gilt und hat nach eigenen Angaben erstaunlich wenig Probleme, die zu rekrutieren für sein neues Unternehmen. „Ich habe nur zwei Inserate im Netz aufgegeben.“
Der neue Küchenchef stammt aus Bad Schmiedeberg, sagt Kleinschnitz - und hat Erfahrungen in der Kochkunst, die ihm vorschwebt. Der Wiener hat festgestellt, dass Wittenberg zwar so manche exotische Gastronomie zu bieten hat, nicht aber österreichisch-ungarische Küche. „Wir wollen nicht machen, was andere tun, wir setzen auf ein Alleinstellungsmerkmal.“
Der Österreicher fährt dabei mehrgleisig. Im Piesteritzer Hof soll neben dem Restaurant ein Café eröffnet werden, nebst einer Terrasse im Sommer. Außerdem kommt Kleinschnitz in die Altstadt, ins Einkaufszentrum „Arsenal“, dort will er ein „typisches Wiener Café“ etablieren, mit Topfenstrudel und Sachertorte. Der Kuchen wird freilich in Piesteritz produziert, der Raum im „Arsenal“ ist klein und verfügt über keine Küche.
Neben der Gastronomie, die als Schwerpunkt gilt, sind da noch die elf Zimmer (nebst sechs zusätzlichen im Jahr des Jubiläums) und der große Saal, in den er einige Hoffnungen setzt. Geplant sind Veranstaltungen, zum Beispiel Tanzabende.
Kleinschnitz jedenfalls ist guter Dinge, den Piesteritzer Hof, der schon etliche Gastronomen und manche hochkarätige Veranstaltung gesehen hat, erfolgreich zu führen: „Das ist ein tolles Projekt, ein Traum für mich“, sagt der Neu-Wittenberger aus Österreich. Reichlich Erfahrung kann er jedenfalls vorweisen.
Der gelernte Kellner war in der Schweiz tätig, als Restaurantleiter in München, im Catering und im Event-Management. Er hat in Wien eine Cocktail-Bar eröffnet und nach fünf Jahren verkauft, er half im ungarischen Siofok, den Event-Bereich eines Hotels aufzubauen.
Jetzt will er all seine Erfahrungen in Wittenberg quasi zusammenführen und den Piesteritzer Hof reanimieren. „Mit 49 Jahren“, findet der umtriebige Wiener, „ist es nicht zu spät, noch einmal durchzustarten.“ (mz)