Partnerschaft Partnerschaft: Im russischen Oranienbaum

ORANIENBAUM-WÖRLITZ/MZ - Ein Buch mit geschichtsträchtigem Inhalt und eine Postkarten-Kollektion für die Schulleiter, herzliche Grußworte für die die Kommunalpolitiker, ein silbernes Hufeisen fürs Rathaus. Kleine Gesten aus dem fernen Russland sorgen in Oranienbaum für große Gefühle. Der Kulturbund hat Gastgeschenke aus dem fernen Lomonossow mitgebracht. Einer Stadt bei Sankt Petersburg, die einst Oranienbaum geheißen hat.
Dass die Verbindung zwischen Oranienbaum/deutsch und Oranienbaum/russisch nach längerer Pause frisch geknüpft wurde wiederum mit einer Stadt im Taunus zu tun: Oberursel pflegt eine durchaus enge Städtepartnerschaft zu Lomonossow, das im September 2011 seine 300-Jahr-Feier beging. Im vergangenen Jahr nun war es gelungen, Roswitha Rietschel-Kluge vom Verein zur Förderung der Oberurseler Städtepartnerschaften und Marina Achromowa - die Vorsitzende des seit 1993 bestehenden Kalinka-Vereins ist inzwischen Ehrenbürgerin von Lomonossow - ins anhaltische Oranienbaum zu lotsen.
Diese mit einem ausführlichen Stadtrundgang nebst Orangenlikör-Verkostung und einem gemeinsamen Essen verknüpfte Stippvisite mündete in die Zusage, dass 2013 „echte“ Oranienbaumer an die russische Ostseeküste aufbrechen sollten.
„Ich hätte nicht gedacht, welchen Aufwand es machte, die Visa-Angelegenheiten zu klären. Da fehlte uns jegliche Erfahrung“, schilderte Marlies Ross von der Ortsgruppe des Kulturbundes. Doch für sämtliche Mühen gab es über die Maßen Entschädigung. „Es war fast wie bei einem Staatsbesuch“, meinte Dagmar Landeck, die etlichen Schüler-Generationen die russische Sprache lehrte und somit im Reiseverlauf oft als Dolmetscherin gefragt war.
Neben Ausflügen nach Petershof mit seinen faszinierenden Wasserspielen, Puschkin (Zarskoje Selo) und in die Eremitage standen direkt in Lomonossow/Oranienbaum ein Besuch des Stadtmuseums und eine Exkursion durch den Park mit seinen prächtigen Schlössern auf dem Programm. „Weit, groß, schön, mächtig und alles sehr gepflegt“, beschrieb Marianne Möglich das Ensemble, das für Fürst Menschikow, einen der engsten Berater von Zar Peter dem Großen, errichtet wurde. „Im Zweiten Weltkrieg hatte der Ort aber auch eine immense strategische Bedeutung für die Heimatverteidigung“, rief sie ins Gedächtnis zurück. Der „Oranienbaumer Brückenkopf“ wurde bis zuletzt gegen die Wehrmacht verteidigt.
Bleibende Eindrücke hinterließen darüber hinaus ein extra für die deutsche Delegation organisiertes abendliches Konzert, ein Rundgang durch ein Museumsdorf inklusive Tanzvorführung und die eher zufällige Teilnahme an einer Hochzeitsfeier, auf der sich die Tafel unter der Last der Spezialitäten bog. Marina Achromowa sprach beim Abschied - und gegenüber dem Oranienbaum-Wörlitzer Verwaltungschef Uwe Zimmermann (Linke) und Ortsbürgermeister Paul Weiß (Freie Wähler) - von einem „historischen Besuch“, der für beide Seiten „interessant und nützlich“ gewesen sei.
Gespannt darf man jetzt freilich sein, ob dem ersten Schritt weitere folgen und das noch zart erscheinende Freundschaftsband gefestigt und erweitert wird. Ideen gibt es bereits. So soll - in Ermangelung eines Museums - im Rathaus von Oranienbaum (Anhalt) zumindest eine Vitrine eingerichtet werden, deren Exponate auf die namensgleiche städtische Partnerin verweisen. Gleiches wäre umgekehrt in Lomonossow denkbar. Außerdem könnten kreative Fäden gesponnen werden.
Der russische Künstler Nikolai Karlichnow, den die Kulturbund-Vertreter in seinem Atelier trafen, möchte zur Galerie im Ampelhaus Verbindung aufnehmen. Da sich der Mann im August in Deutschland aufhält, ist ein Treffen nicht unwahrscheinlich. Derweil machte Paul Weiß geltend, dass er „für den Rest dieses Jahres“ den Kulturbund „als treibende Kraft“ sieht, die das Feuer der deutsch-russischen Freundschaft schürt. Zugleich nahm er aber seine Zunft mit in die
Pflicht: „Wir müssen von Seiten der Politik offener sein.“
Die Russland-Reise ist am Donnerstag, dem 12. September, Thema eines Vortrags. Diese Veranstaltung des Oranienbaumer Kulturbunds beginnt um 19 Uhr im Hotel „Goldener Fasan“.