Orangerie in Oranienbaum Orangerie in Oranienbaum: Guter Rat für Schweden

Oranienbaum - Gunnebo will seine Zitruspflanzen wieder haben. Die Schloss- und Parkanlage, zehn Kilometer von Göteborg in Schweden entfernt, musste schließlich sehr lange auf exotische Pflanzen verzichten. Nun aber baut man dort eine völlig zerstörte Orangerie aus dem 18. Jahrhundert wieder auf und holt sich dafür Tipps und Rat bei Sebastian Doil. „Kürzlich kam deshalb eine Delegation aus Schweden nach Oranienbaum“, erzählt der Zitrusexperte von der Gartenabteilung der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz.
Doil kennt die Schweden schon länger. Auf drei Jahrzehnte währende Kontakte zu einem schwedischen Orangerie-Experten mit deutschen Wurzeln kann gar Ludwig Trauzettel, Leiter der Abteilung Gärten und Gewässer, verweisen. Es ist eben eine kleine Spezialistengruppe, die sich europaweit mit historischen Orangerien befasst. Das Gartenreich hat mit den Orangerien in Mosigkau und Oranienbaum und mit dem Palmenhaus in Wörlitz etliches an historischer und vor allem funktionierender Substanz aufzuweisen.
Schloss Gunnebo wurde Ende des 18. Jahrhundert errichtet. Der Bau gilt als hervorragendes Beispiel des schwedischen Neoklassizismus. Einst vom reichen Göteborger Kaufmann John Häll nur als Sommerhaus gedacht, zählt Gunnebo heute zu den schönsten Schlössern im gustavianischen Stil in ganz Schweden. Um das Schloss – ein Holzbau - erstreckt sich ein englischer Park mit akkurat getrimmten Hecken, Alleen und vielen geometrischen Formen. Der Wiederaufbau der Orangerie in Gunnebo ist ein Projekt, bei dem junge Facharbeiter aller Gewerke nach alter Tradition bauen und dabei heute kaum noch übliche Handwerkstechniken anwenden. Seit 2003 ist die gesamte Anlage das erste Kulturreservat der Region Westgötaland. Neben den normalen Führungen werden an einigen Terminen auch sogenannte Dramavisningar angeboten, die das höfische Leben zu Zeiten von König Gustav III. gegen Ende des 18. Jahrhunderts zeigen.
Das ist sehr viel mehr, als in Schweden. Zwar sind dort das Schloss und der Park gehegt und gepflegt. Die Orangerie jedoch war es nicht. Es existierten lediglich Fundamente, als man sich entschloss, das Gebäude komplett nach historischen Plänen aufzubauen. Pläne und alte Stiche erzählen freilich nichts über die Funktionsweise und die baulichen Herausforderungen für eine Orangerie. Darüber konnte Sebastian Doil den schwedischen Gästen bei deren nunmehr drittem Besuch in Oranienbaum einiges berichten. „Jetzt wird es für unsere schwedischen Freunde langsam konkret. Der Rohbau steht, das Dach ist drauf. Im nächsten Jahr sollen die ersten Pflanzen gekauft werden“, sagt Doil. Den 18 Gästen aus dem Norden erzählte er bei deren Stippvisite diesmal alles Wichtige zur Kultur und Pflege. „Da ging es um Erdmischungen und Dünger, die richtige Lüftung.“ Alles praktische Dinge und Fragen, die die Schweden noch zu klären haben, beispielsweise welche Art der Beheizung man wählt. „Aber ich denke, dass sie jetzt alles wissen und ihr Werk vollenden können“, meint Doil, der sich schon auf 2018 freut. Dann feiert man in Gunnebo den Abschluss dieses besonderen Projektes, das unter Mithilfe der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz entstand. Doil will dabei sein.
Gut möglich dass man dann in Schweden ebenso viele Kübelpflanzen pflegt wie in Oranienbaum. Die Gärtner in der hiesigen Anlage kümmern sich um rund 240 Zitruspflanzen und 170 weitere Exoten wie Palmen, Lorbeer oder Mittelmeerschneeball. Eine Inventarliste von 1809 benennt für die Orangerie in Gunnebo 440 Pflanzen. Damals wie heute und ob nun in Deutschland oder in Schweden ist der Umgang mit den nicht in diesen Breiten heimischen Pflanzen mit viel Fingerspitzengefühl verbunden. Zwar schickt man die Zitruspflanzen mit Temperaturen unter zehn Grad in eine Winterruhe, aber man muss stets auf der Hut sein, dass diese nicht unterbrochen wird.
„Es reichen drei Stunden Sonnenschein und die Photosynthese geht los“, erklärt Experte Doil. Dann würden die Blätter mit der Verdunstung beginnen und weil die Wurzelballen kalt und relativ trocken sind, drohe das Vertrocknen des ganzen Baumes. „Unsere Gärtner kontrollieren deshalb ständig die Temperatur“, sagt der Mitarbeiter der Kulturstiftung. Schnelles Lüften, wobei jedoch keine Zugluft entstehen darf, kann den Prozess stoppen. Solche Strategien gab Sebastian Doil den Kollegen natürlich als Tipp mit, wie auch die Erfahrung, dass ein kühles Überwintern in der Orangerie den Befall mit Schild-, Woll- und Schmierläusen eindämmt.
Gespannt ist der Zitrus-Experte, wie die Schweden mit den hellen skandinavischen Sommernächten und den sehr dunklen Wintern umgehen werden. „Da braucht es ein gewisses Know-how“, ist er sicher.
Solche Sorgen müssen ihn in Oranienbaum nicht umtreiben. Hingegen schaut er kritisch auf das große Umtopfen im April und Mai. „Nach zehn Jahren Dienst haben etliche Kübel ausgedient und wir müssen nachkaufen“, sagt er. Eine durchaus kostenintensive Notwendigkeit. Die Kübel werden von einer bewährten sächsischen Böttcherei von Hand gefertigt.
Überrascht und hoch erfreut war Doil deshalb im vorigen Jahr, als der Dessauer Reifendienst von Steffen Stage für Pflanzkübel im Mosigkauer Park 1 400 Euro gespendet hat. Dort haben Lorbeerbäume nun wieder ausreichend Raum zum Wachsen, und ein Messingschild am Kübel benennt den Spender, der dies ermöglichte. „Ich würde mich freuen, wenn das auch für unsere Zitruspflanzen hier Nachahmer findet“, so Sebastian Doil. Womöglich übernehmen die Schweden dann auch noch diese Idee.
Wer den Kauf von Pflanzkübeln unterstützen möchte, kann sich an die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz unter Telefon 0340/64 61 50 oder per E-Mail:[email protected] wenden. (mz)
