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OB-Wahl in Wittenberg OB-Wahl in Wittenberg: Ein verdienter Sieg für Zugehör

Von marcel duclaud 24.02.2015, 12:01
Zwei Oberbürgermeister? Nein, sagt Torsten Zugehör (rechts). Bis Juli ist Eckhard Naumann der Chef.
Zwei Oberbürgermeister? Nein, sagt Torsten Zugehör (rechts). Bis Juli ist Eckhard Naumann der Chef. achim Kuhn Lizenz

Wittenberg - Das sind beträchtliche Vorschusslorbeeren. Knapp 86 Prozent, die anderen Bewerber quasi deklassiert: Das Wahlergebnis vom Sonntag ist zweifellos ein eindrucksvoller Erfolg.

Torsten Zugehör hat als Bürgermeister von Wittenberg offensichtlich einiges richtig gemacht, er war omnipräsent, er hat es geschafft, solche unterschiedlichen politischen Gruppierungen wie CDU und Linke, SPD und Freie Wähler hinter sich zu versammeln. So sehr, dass sie auf eigene Kandidaten verzichteten. Die Wahl, hieß es verschiedentlich an den Urnen, sei so langweilig gewesen wie lange nicht. Dass sie für Zugehör schief gehen konnte, hat kaum einer vermutet, das dürfte beigetragen haben zu der niedrigen Beteiligung.

Ein bisschen verkatert

Zugehör selbst ist gestern noch ein bisschen verkatert. Er hat nach der Auszählung im Neuen Rathaus mit dem Oberbürgermeister der Partnerstadt Bretten, Martin Wolff, einen Abstecher ins Brauhaus unternommen. Dass er sich über die 86 Prozent freut, will der künftige Oberbürgermeister von Wittenberg nicht leugnen: „Ich nehme es als Wertschätzung.“ Seinen Erfolg führt Zugehör nicht zuletzt auf das „offene Visier“ zurück, mit dem er auf andere zugehe.

„Lieber eine unbarmherzige Wahrheit als eine barmherzige Lüge“ zitiert er den Ministerpräsidenten a. D., Wolfgang Böhmer (CDU). Er habe stets den direkten Weg zu den Fraktionen gesucht, auch bei schwierigen Themen. Dass er das beibehalten werde, sei klar: „Eine Erfolgsstrategie sollte man nicht ändern.“ Zu der gehöre auch, anderen immer ein Türchen offen zu halten, damit sie ihr Gesicht wahren können.

Keine zwei Bürgermeister für Wittenberg

Dass Wittenberg in den kommenden Monaten von zwei Oberbürgermeistern regiert wird, dementiert Zugehör unterdessen. „Das ist eine klare Lage. Bis Juli ist Eckhard Naumann der OB. Wir haben sechs Jahre lang loyal zusammengearbeitet. Das muss man nicht über Bord werfen.“

Lesen Sie auf der nächsten Seite mehr über das Duo Zugehör und Neumann.

Dass das Duo eine ziemlich ideale Kombination gewesen sei, finden nicht wenige. Stefan Kretschmar, Fraktionschef der Freien Wähler, zum Beispiel. Er bedauert, dass Naumann 2017 nicht mehr als OB erlebt, freut sich aber zugleich über Zugehörs deutlichen Sieg: „Qualität hat gewonnen“, urteilt er und hofft, dass Zugehör als OB so gut ist wie als Bürgermeister. Was Kretschmar noch freut, ist das Abschneiden der AfD. Die habe in Wittenberg nicht Fuß gefasst. AfD-Mann Dirk Hoffmann kam auf 5,5 Prozent und liegt noch hinter Einzelbewerber Matthias Felix.

Ein verdienter Wahlsieg

Zugehör hat ein „großartiges Ergebnis“ eingefahren, sagt Horst Dübner (Linke). Er habe „ein Herz für die Stadt“, einen Blick für deren Probleme, sei gut vernetzt: „Torsten Zugehör hat sich den Wahlsieg verdient.“ Dass die Linke ihn trotz interner Kritik unterstützte, gehe in Ordnung. Allerdings hält Dübner die niedrige Wahlbeteiligung - gerade in manchen Ortsteilen - für ein Trauerspiel. Man müsse sich fragen, ob es gelungen sei, die Dörfer einzubinden.

Auch im Stadtrat nicht vertretene Politiker nahmen Anteil an der OB-Wahl. Sie freue sich auf eine „gute Zusammenarbeit“, sagte am Wahlabend etwa die Grünen-Kreischefin und Kreistagsabgeordnete Reinhild Hugenroth. Außerdem zeigte sie sich froh über das vergleichsweise schlechte Abschneiden der AfD. Aber „die Wahlbeteiligung macht mir Sorgen“, erklärte sie und regte mehr „politische Bildung in Sachsen-Anhalt“ an.

Mit der Wahl von Torsten Zugehör zum Oberbürgermeister wird in der Stadtverwaltung im Juli ein weiterer hochrangiger Posten frei: Wittenberg braucht dann einen neuen Bürgermeister. Anders als das Stadtoberhaupt wird der Zweite im Rathaus nicht vom Volk gewählt, das ist in diesem Fall Aufgabe des Stadtrates. Um geeignete Kandidaten zu ermitteln, wird die Stadt dazu demnächst eine Ausschreibung starten.

Nicht zuletzt die CDU freut sich über Zugehörs Erfolg: „Das ist ein gutes Zeichen, wir haben ihn nicht umsonst unterstützt. Er hat mit seiner Arbeit überzeugt“, erklärt Fraktionschefin Bettina Lange am Tag nach der Wahl. Die Strategie, keinen eigenen Bewerber aufzustellen, sei richtig gewesen. Sie wünscht dem künftigen OB ein „glückliches Händchen“, bemerkt aber auch, dass solch ein Ergebnis eine Last sein könne: „Das setzt ihn ein bisschen unter Druck, aber das ist ihm sehr wohl bewusst.“

Breiter Konsens

Allgemeine Zufriedenheit auch bei den Sozialdemokraten. Dass der amtierende SPD-Oberbürgermeister die Ambitionen seines Vizes unterstützt, hatte nicht zuletzt das Wahlplakat sehr deutlich gemacht, die Fraktion steht ebenfalls hinter Zugehör. Von einem „Super-Ergebnis“ spricht denn auch Fraktionschef Reinhard Rauschning. Die Entscheidung, keinen eigenen Kandidaten aufzustellen, sei goldrichtig gewesen: „Die Bürger haben das mitgetragen.“ Rauschning spricht von einem breiten Konsens und davon, dass es grundfalsch gewesen wäre, auf einen Wechsel zu setzen: „Torsten Zugehör steckt in den Aufgaben drin, ein Neuer hätte sich einarbeiten müssen.“ Angesichts der vor der Stadt liegenden Aufgaben - Reformationsjubiläum und dem, was danach kommt - wäre das ein schweres Handicap gewesen. (mz)