Nummernschilder Nummernschilder : Welche Zeichen erlaubt sind und welche nicht

Wittenberg - Es gibt Kürzel im Autoverkehr, die die Fantasie mehr anregen. Was ist schon ein schnödes WB im Vergleich zu alle den PIR-ATen und PIR-OLen, die in der Sächsischen Schweiz herumfahren, oder jenen, die am Wagen gleich ihre ganze Stadt mitführen dürfen: KI-EL?
Trotzdem - oder deshalb? - ist mehr als jedes zweite der rund 115000 im Landkreis Wittenberg zugelassenen Fahrzeuge mit einem Wunschkennzeichen unterwegs. Neben den Klassikern Initialen und persönlichen Jahrestagen sind dies seit 2012 bekanntlich auch die Kürzel der Ex-Kreisstädte, JE und GHC. 6600 und 4200 mal sind diese gewählt worden. Ein Ausweis besonderer Heimatverbundenheit, wie der Leiter der Kfz-Zulassungsstelle beim Landkreis, der Jessener Philipp Kötitz, auch aus eigener Erfahrung vermutet, eher keine Absetzbewegung von der gelegentlich als dominant empfundenen Lutherstadt. Tendenz steigend.
Zwar befänden sich unter den 115000 auch noch einige wenige reguläre Alt-Kennzeichen JE und GHC aus den 90ern, andererseits sei gerade das JE hie und da auch bei Leuten beliebt, die mit dem Städtchen selbst gar nicht unbedingt was am Hut haben. An diesem Punkt nun beginnt die höhere Kennzeichen-Mystik: JE ist, berichtet Kötitz, neben Heimatfreunden auch bei manch anderen beliebt, die es gern kurz und knackig mögen, am liebsten bloß einen Buchstaben und eine Zahl. Derlei Kombinationen nämlich sind im Zusammenhang mit dem Kürzel WB blockiert, weil Fahrzeugen vorbehalten, auf deren Nummernschilder gar nicht mehr Zeichen passen würden, ausländischen Fabrikaten also.
Schlechte Karten für Nazis
Tabu sind, wie überall in der Bundesrepublik, zudem Zeichen und Zahlen, die mit Nazis in Zusammenhang gebracht werden: Dies gilt aus naheliegenden Gründen für die Kombinationen HJ, KZ, NS, SA und SS sowie für das Ziffernpaar 88 (stellvertretend für „Heil Hitler“). Es komme nicht oft, aber es komme vor, so Kötitz, dass entsprechende Wünsche an die Zulassungsstelle herangetragen werden. Keine Handhabe habe man bedauerlicherweise im Fall eines Antragstellers gehabt, der sich HH und ein Zahlentrio mit 88 wünschte. Aber wie gesagt, plakatives Nazitum durch entsprechende Kennzeichen sei am Ende doch eher ein „Einzelfall“, sagt Kötitz, der seit 2010 in der Zulassungsstelle arbeitet und diese seit drei Jahren leitet. HH übrigens zählt deshalb nicht zu den verbotenen Kürzeln, weil sonst natürlich die arme Hansestadt Hamburg komplett unter Nazi-Verdacht geriete. Weitergehende Verbote von Buchstabenkombinationen gibt es im Kreis Wittenberg - anders als etwa im Saalekreis, wo SK-IN auf dem Index steht - nicht, was wiederum mit dem sperrigen WB zu tun haben dürfte. Da kann man nichts draus machen.
Ohnehin hat es absehbar bald ein Ende mit Buchstaben- und Zahlenspielereien an eigenen und fremden Wagen. „Wir werden ohne Kennzeichen fahren“, prognostiziert Kötitz mit Blick auf die längst begonnenen Änderungen im Zulassungswesen. Entsprechende Überlegungen im Kraftfahrtzeugbundesamt seien weit gediehen. Als erstes würden, „in fünf bis zehn Jahren“, die Landesplaketten fallen, so Kötitz.
Schon heute sagen diese wie auch die Kennzeichentafel insgesamt wenig über die tatsächliche Heimat von Fahrer und Fahrzeug aus. Das hat mit der Verlagerung hoheitlicher Dienstleistungen ins Internet zu tun, der sogenannten internetbasierten Zulassung. Bereits seit Oktober 2015 kann man sein Fahrzeug online abmelden, seit Oktober 2017 gilt dies, wenn Halter und Kfz dieselben bleiben, auch für die Wiederzulassung: Der nach Wittenberg zugezogene Münchner darf also bereits heute auch dort nach Herzenslust mit seinem „M“ herumfahren. 1705 Halter machten laut Kreis-Statistik seit Einführung von dieser Möglichkeit Gebrauch.
Wieder sind zwei Jahre herum und so tritt am 1. Oktober nach I und II nun Stufe III von „i-Kfz“ in Kraft: die komplette Mitnahme-Freiheit für privat, also auch für jene Wittenberger, die sich in München ein Auto namens „M“ kaufen. Zugelassen muss es freilich sein - und auch die Versicherungsprämien bemessen sich - Achtung, Trickser! - nach wie vor daran, wo Halter und Fahrzeug tatsächlich ansässig sind. Dass die Entwicklung den Schilderprägern nicht gefallen dürfte, räumt Kötitz ein. Er selbst sieht einen anderen Nachteil: Die Loslösung des Schilds vom Ort konterkariere die Bemühungen um Heimatverbundenheit, die man mit der Einführung von JE und GHC gerade hatte befördern wollen.
Preis bleibt stabil
Nach wie vor aber kann auch
in diesem Bereich jeder nach seiner Fasson selig werden. Was
ein Wunschkennzeichen kostet? 10,20 Euro, bundesweit geregelt - und unverändert seit Jahren. Erhöhungen seien auch nicht in Sicht, sagt Kötitz. Aber wahrscheinlich sind die Schilder eh bald weg. Was machen wir dann während quälend langer Autobahnfahrten mit den quengelnden Kindern auf dem Rücksitz?
(mz)