Nudersdorfer Schloss Nudersdorfer Schloss: Rückkehr des "Schlossherrn"

Nuderdorf - Menno Aukes beherrscht die hohe Kunst der Diplomatie aus dem Effeff. Der Enkel des früheren Nudersdorfer Schlossbesitzers Julius Menno Frederik David Graf von Limburg-Stirum wählt seine Worte mit viel Geschick und lässt Ansätze von Kritik fast wie ein Lob erklingen. „Gott hat es so gewollt“, sagt der 72-jährige Holländer, als er darauf angesprochen wird, ob ihm das Schloss nach dem Umbau gefällt. Menno Aukes, der mit seiner Schwester Mary-Joy nach Nudersdorf gekommen ist, hat die Aktentasche voller Geschenke. Er übergibt dem Verein „Rittergut Nudersdorf“ viele historische Aufnahmen von der ehemaligen Residenz des Adelsgeschlechts, die der Graf von Limburg-Stirum zusammen mit seiner Frau Mary Joy Newland von 1911 bis 1917 bewohnt hat, und der Grundschule einen Scheck in Höhe von 1.500 Euro.
Notarieller Fehler
„Das Leben schreibt bekanntlich die schönsten Geschichten“, meint Aukes und erzählt von einem Anschreiben einer Wittenberger Anwaltskanzlei, das ihn 2007 erreicht hat. Aufgrund eines notariellen Verfahrensfehlers ist der Name der Adelsfamilie trotz des Schlossverkaufs 1917 nicht ganz aus dem Grundbuch verschwunden. Bei der Planung einer Gasleitung durch die Gartenstraße ist das von den Stadtwerken beauftragte Anwaltsbüro auf den Namen Aukes gestoßen und hat sich mit dem Erben in Verbindung gesetzt. „Adelsfamilien pflegen im Internet ihren Stammbaum“, erzählt Stadtwerke-Geschäftsführer Hans-Joachim Herrmann, der schnell die Zusage zum Verkauf des Grundstückes erhalten hat. „Es war für meine Schwester und mich sofort klar, dass wir dieses Geld den Nachnutzern des Schlosses übergeben“, so Aukes, für den die Fahrt nach Nudersdorf ein Stück Reise in die Vergangenheit ist. Mary-Joy und ihr Bruder sind mit dem Stammbaum der Familie, die heute ihre Zweige in Belgien, Frankreich, Schweden, Finnland und Holland hat, vertraut und erzählen von ersten Eintragungen aus dem Jahr 843. Auch der letzte Fürstbischof von Speyer sei im 18. Jahrhundert ein Limburg-Stirum gewesen. Die Verbindung nach Nudersdorf ist 1911 mit dem Ankauf des Schlosses entstanden. „Hier hat unsere Tante Alwina nach ihrer Geburt 1912 schöne und sorglose Tage verlebt“, berichten die beiden Geschwister. Im ersten Weltkrieg haben sich die Lebensbedingungen in der Fläminggemeinde jedoch so verschlechtert, dass die Familie sich 1917 zum Verkauf der Immobilie entschlossen hat und auf den Brunnenhof in Aschering (oberbayerisches Fünf-Seen-Land) umgezogen ist.
Zerstörung verhindert
Eine Episode der Familiengeschichte lässt den 72-Jährigen und seine Schwester nicht los. Nach einem Reitturnier in Belgien kommt Tante Alwina bei einem Dinner mit ihrem Tischnachbarn ins Gespräch, der von seiner Zeit als Panzeroffizier in Nudersdorf berichtet. Laut dessen Schilderungen hatte er in den letzten Tagen des 2. Weltkriegs den Auftrag, das Schloss vor der anrückenden Roten Armee zu „retten“ und dieses in die Luft zu sprengen. „Dass er diesen Befehl verweigert hat, dafür sind wir ihm unendlich dankbar“, sagen die beiden Geschwister, denen es trotz vieler Recherchen nie gelungen ist, den Namen des Panzeroffiziers ausfindig zu machen.
Suche nicht abgeschlossen
„Ich suche weiter“, erklärt Menno Aukes, der künftig auf die Unterstützung von Gundel Lehmann vom Verein „Rittergut“ zählen kann. „Eine sehr interessante Geschichte. Ich habe meine Fühler bereits ausgestreckt“, meint Gundel Lehmann. Mary-Joy und Menno Aukes haben ihren Besuch in der ehemaligen Familienresidenz nicht im Schnelldurchlauf abgehandelt. Die beiden Holländer haben sich Zeit genommen, das Schloss bis unter den Dachstuhl zu inspizieren und noch vorhandene Baupläne von 1911 (Umbau durch die Familie) mit dem aktuellen Zustand zu vergleichen. Menno Aukes ist überrascht, dass Fenster aus dem Wintergarten erhalten geblieben sind, auch wenn die Räume heute von den Kindern als Sozialtrakt genutzt werden. Nach einem 60-minütigen Gespräch mit dem Verein „Rittergut“ sind sich alle einig, dass es nicht der letzte Besuch gewesen ist. Schließlich gibt es eine wichtige Familienangelegenheit zu klären! (mz)