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Nachbarschaft in Wittenberg Nachbarschaft in Wittenberg: Treffpunkt "Augustinus"

Von Irina Steinmann 14.01.2016, 08:34
Konzentriert bei der Masche: Brigitte Köhler (Mi.) und Mitstrickerinnen.
Konzentriert bei der Masche: Brigitte Köhler (Mi.) und Mitstrickerinnen. Thomas klitzsch Lizenz

Wittenberg - Die Strickerinnen können es kaum abwarten. Schon gegen zwei, der Mittagstisch ist gerade abgeräumt, sitzen die ersten an der langen Tafel im „Augustinus“. Dabei beginnt „Häkeln und Stricken mit Brigitte“ erst um 14.30 Uhr. Aber es ist das erste Wiedersehen im neuen Jahr.

Auch Brigitte Köhler freut sich, dass es wieder losgeht. Die 80-Jährige ist ehrenamtliche Leiterin des Kränzchens, das immer dienstags in der Begegnungsstätte im Erdgeschoss eines Wohnblocks an der Stadthalle zusammenkommt. Familienbande haben die Bergwitzerin hierher gebracht. Und, natürlich, die lebenslange „Liebe zur Handarbeit“. Im September haben sie angefangen, „und dann ist der Kreis gewachsen und gewachsen“ mit der Folge, dass jetzt manchmal sogar 20 Handarbeiterinnen zusammenkommen. Auch heute sind es weit mehr als ein Dutzend. Die Strickrunde ist eines der vielfältigen Angebote des im August eröffneten Begegnungszentrums.

Geöffnet ist das „Augustinus“ montags bis freitags von 8 bis (mindestens) 16 Uhr. Es gibt einen täglich wechselnden Mittagstisch mit zwei Gerichten (ein vegetarisches), nachmittags Kaffee und Kuchen. Dann ist auch Zeit für Begegnungen mit Veranstaltungen.

Anlässlich der Sanierung des Wohnblocks hatten sich Vermieter Wiwog und das Augustinuswerk zusammengetan und gemeinsam eine Investition in die Nachbarschaft getätigt. Heute, knapp fünf Monate später, kann man wohl sagen, dass sich der Schritt gelohnt hat. „Augustinus - von und für jedermann“ ist nicht nur ein Spruch über dem Eingang. Dabei zählt das „Augustinus“ als Behindertenwerkstatt. An die 15 Menschen mit Behinderung haben laut Abteilungsleiter Perry Thom (vormals „Café Fritz“) hier eine Beschäftigung gefunden, sie arbeiteten vorher in anderen Werkstätten des Augustinuswerks, etwa im Metall- oder Fensterbau.

Nun also Gastronomie. Eine „Herausforderung“, sagt Thom, eine, die nicht jeder packt. „Man steht unter permanenter Beobachtung.“ Verstecken gilt nicht und natürlich erwarten die Kunden auch ein bestimmtes Verhalten. Erna Bischof etwa, die die MZ zur Eröffnung traf, als sie die Gäste mit einem Glas Sekt empfing, scheint dem Metallbau, wo sie zuvor beschäftigt war, nicht hinterherzutrauern. Es gefalle ihr sehr gut hier, sagt sie und füllt Wasser in die Glaskrüge für die Strickerinnen und ein paar Kaffeegäste.

Zuvor hat sie Mittagessen ausgereicht. Da ist immer was los. In zwei Schüben kommen täglich die Jungen und Mädchen von der Evangelischen Gesamtschule, für die „Augustinus“ die Schulspeisung übernommen hat, macht rund 150 Essen. Auch Externe, Thom nennt Bauarbeiter oder Taxifahrer, nutzten den Mittagstisch - und Nachbarn aus dem Haus und der Umgebung. „Gut 200 Portionen pro Tag“ würden ausgereicht, so die Sprecherin des Augustinuswerks Madlen Züchner. Gekocht wird frisch. Und Lokalchef Thom hat noch mehr vor.

Beabsichtigt sei, die Öffnungszeiten auszuweiten, „von sieben bis sieben“ und auch an Wochenenden, all das voraussichtlich noch 2016. Auch die Terrasse werde genutzt. Barbecue sei geplant, die Übertragung von Fußballspielen, alles in allem „vier oder fünf besondere Veranstaltungen“ im Jahr. Die Löhne wollen schließlich eingespielt werden, so Thom, das unterscheide „Augustinus“ von anderen Begegnungsstätten. (mz)

Perry Thom (3. v. r.) und seine Crew.
Perry Thom (3. v. r.) und seine Crew.
Thomas klitzsch Lizenz