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MZ-Adventskalender der Lokalredaktion Wittenberg MZ-Adventskalender der Lokalredaktion Wittenberg: Tourist-Information als Türöffner

Von Marcel Duclaud 12.12.2014, 20:02
Diana Schelhaas öffnet für viele Besucher die Stadt Wittenberg.
Diana Schelhaas öffnet für viele Besucher die Stadt Wittenberg. Thomas Klitzsch Lizenz

Wittenberg - „Wo ist die Thesentür?“ Für einen Wittenberger ist das eine eher drollige Frage. Für einen Touristen mitnichten, er muss sich orientieren in einer fremden Stadt, möglichst schnell einen Überblick gewinnen.

Erster Anlaufpunkt für Gäste von Wittenberg ist denn auch die Tourist-Information (just gegenüber der Thesentür gelegen). Sie fungiert im besten Sinne als Türöffner, sie weist den Besuchern die Wege zu Attraktionen ebenso wie zu Notwendigkeiten wie Toilette oder Quartier. Dass die Bedeutung der Tourist-Information eher wächst, hat mit 2017 zu tun und mit dem Anspruch Wittenbergs, eine Touristenstadt zu sein.

Die Wege zu Thesentür und Toilette, das sind im Übrigen die am häufigsten gestellten Fragen derer, die in die Tourist-Information kommen. Und das sind nicht wenige. Zwischen 600 und 800 Menschen in der Saison - jeden Tag, schätzt Diana Schelhaas, amtierende Leiterin. „Man braucht da gute Nerven“, räumt Isabell Engelmann ein, die am Empfang sitzt. „Und Feingefühl für die unterschiedlichen Nationen.“ Amerikaner haben eine andere Art als Japaner, die junge Frau muss beiden gerecht werden. Und manchmal auch eine Antwort finden auf eher skurrile Fragen: „Was Luther vor seinem Tod gegessen hatte“, wollte mal einer der Touristen von ihr wissen. Ein anderer fragte verzweifelt, wo denn nun die Wartburg sei, er habe doch schon die ganze Stadt abgesucht.

Nur am ersten und am zweiten Weihnachtsfeiertag geschlossen

Isabell Engelmann gehört zu einem Team von acht jungen Frauen zwischen 27 und 35 Jahren, die den Laden am Laufen halten. Das gesamte Jahr über, lediglich an zwei Tagen hat Wittenbergs Tourist-Information tatsächlich einmal geschlossen: am ersten und am zweiten Weihnachtsfeiertag. Sonst ist immer offen, auch Silvester und Heiligabend. Gerade an letzterem Tag ist erfahrungsgemäß einiges los: „Da erscheinen die, die noch keine Geschenke haben, für die Weihnachten überraschend gekommen ist“, erklärt Diana Schelhaas mit einem Schmunzeln. Sie kaufen meist: Luther-Becher. Überhaupt ist die Zeit um den Jahreswechsel eine begehrte Reisegelegenheit, von der eben auch Wittenberg profitiert: „Die Hotels sind gut gebucht“, weiß die amtierende Chefin der Stadt-Information.

Die Damen am Empfang weisen Wege, verkaufen Souvenirs (nach wie vor gehören Luther-Bier und Luther-Socken – Hier stehe ich - zu den Rennern), helfen weiter, wann immer es geht. Sie sind zuständig für den Ticketservice, der immer häufiger in Anspruch genommen wird, sie vermitteln Quartiere vom Hotel bis zur Ferienwohnung (bis in den Fläming, nach Torgau oder Dessau). Apropos Quartiere: Deren Zahl wächst weiter. „In diesem Jahr sind 17 neue hinzugekommen“, rechnet Schelhaas vor und bekennt: „Wir sind froh über jede Unterkunft.“ Gerade im Blick auf Highlights wie „Luthers Hochzeit“, den Reformationstag oder den September, wenn zahlreiche Tagungen stattfinden.

Jedes Jahr im Advent werden Türchen geöffnet. Dahinter verbergen sich Schokolade, Spielzeug aber auch Parfüms und andere Dinge, die die Zeit bis Heiligabend versüßen sollen.

Die Mitteldeutsche Zeitung geht mit Ihnen, liebe Leser, auch wieder auf Entdeckungsreise von Tür zu Tür. Waren Sie es selbst, die uns im vergangenen Dezember die Türen zu Ihren Küchen öffneten und uns so manch „geheimes“ Familienrezept und dessen Geschichte offenbarten, wollen wir in diesem Jahr ganz ungewöhnliche Türen öffnen und nicht nur das, was sich dahinter verbirgt, ins Licht der Öffentlichkeit rücken, sondern auch all diejenigen, die uns die Türen öffnen und Einblicke in ihre nicht ganz so alltägliche Welt gewähren. (sw)

Neben dem Empfang gibt es zwei weitere Abteilungen in der Information. Zum einen die Zimmervermittlung, die sich nicht zuletzt um die Betreuung der Vermieter kümmert: „Wir müssen schließlich wissen, was wir anbieten.“ Die Mitarbeiterinnen sind zudem für das Tagungsgeschäft und die Pflege des Online-Buchungssystems zuständig. Zum anderen die Stadtführer-Abteilung. Die koordiniert alles, was damit zusammenhängt und bemüht sich nicht zuletzt darum, der jeweiligen Gruppe den passenden Stadtführer zur Seite zu stellen. Kirchengruppen etwa wünschen eine andere Ansprache als Jugendliche.

Inzwischen kann die Tourist-Information aus einem großen Pool von Stadtführern schöpfen: 45 an der Zahl. Das sind zum Beispiel Lehrer, die das nebenberuflich machen, oder aber Rentner als geringfügig Beschäftigte. Das Angebot an Sprachen hat sich ebenfalls erweitert: derzeit sind neben Führungen in Englisch und Französisch auch italienische, tschechische, slowakische oder russische Wittenberg-Führungen möglich. Und natürlich ist auch thematische Vielfalt gegeben. Nach wie vor ein Renner: Erotisches zur Nacht. „Die Führungen“, sagt Schelhaas, „sind definitiv ein wachsendes Geschäft.“ Sie spricht von zwischen 2 400 und 2 600 im Jahr.

„Luther ist das Zugpferd.“

Ebenfalls wachsender Bedarf besteht nach ihren Worten an geschnürten Reisepaketen. Gerne genommen wird „Auf Luthers Spuren“. Da gibt es alles aus einer Hand, von der Gaststätte bis zur Abendveranstaltung, von Erfurt und Eisenach bis Torgau und Wittenberg. Überhaupt Luther. An dem, weiß die Touristikerin, ist kein Vorbeikommen. „Luther ist das Zugpferd.“ Wenn die Gäste einmal da sind, wird ihnen freilich noch mehr schmackhaft gemacht von dem, was sehens- und erlebenswert ist in der Region: Seien es die Hundertwasserschule oder die Werkssiedlung, der Schmetterlingspark, das Haus der Geschichte oder die Sammlung „Christliche Kunst“, das Wörlitzer Gartenreich oder das Dessauer Bauhaus.

Allein die Thesentür ist und bleibt ein zentraler Ort. „Hier haben schon etliche Touristen Tränen vergossen“, bemerkt Diana Schelhaas. Hier will die Tourist-Information nicht weg. Allen Plänen eines konzentrierten Angebots im Stadthaus zum Trotz. Schelhaas: „Wir verlassen die Thesentür nicht.“ Allenfalls eine Zweigstelle im Stadthaus sei vorstellbar. (mz)