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Luther und Co. kommen Familien in die Tüte

Von IRINA STEINMANN 21.01.2009, 17:06

WITTENBERG/MZ. - Die Museumspädagogik der Stiftung Luthergedenkstätten hat zum Neujahrskaffee ins Erdgeschoss des Lutherhauses geladen, um Bilanz zu ziehen und ihre neuen Angebote vorzustellen. Vor Jutta Strehle, Kunsthistorikerin der Stiftung und verantwortlich für diesen Bereich, sitzen Lehrer und Erzieher, interessierte Normalbürger und Verbündete in der gemeinsamen Sache: den Nachwuchs ins Museum zu bekommen. In Wittenberg, wie auch in den Lutherstätten von Eisleben.

Erstmals Flyer erschienen

"Wir können mit allen Kindern etwas machen", von der Kindergarten- über die Schüler- bis zur Lehrlingsgruppe, erklärt Jutta Strehle stolz. In den nunmehr sechs Jahren seit ihrer Gründung im Herbst 2002 hat sich die von Anfang an mit viel Herzblut betriebene Museumspädagogik des Lutherhauses unübersehbar professionalisiert. Erstmals gibt es einen Flyer, der in kompakter Form über die verschiedenen Angebote informiert. Eine Power-Point-Präsentation ist in Arbeit. Und am wichtigsten: Ab 1. Februar ist nun auch eigenes Personal vorgesehen, die Stellenausschreibungen laufen. Vorgesehen sind laut Strehle für Wittenberg zwei Mitarbeiter und ein Teamleiter (sehr gut möglich, ja, wahrscheinlich, dass es sich um Frauen handeln wird) mit insgesamt 70 Arbeitsstunden; Eisleben bekommt eine neue Kraft. Finanziert werden soll das Ganze ab Mitte des Jahres mit Bundesmitteln, bis dahin muss die Stiftung zahlen.

Der Erfolg schlägt sich auch in Zahlen nieder und das ist nun wiederum so etwas wie Fluch und Segen zugleich: Zählte man im ersten Jahr (2003) 1 789 Besucher, waren es im vergangenen Jahr bereits gut 4 000. "Das Haus ist nicht eingerichtet auf x Gruppen", bedauert Strehle und hofft auf Besserung mit Blick auf 2017, sollte das Lutherhaus nach einem Auszug des Predigerseminars aus dem Augusteum zusätzliche Räume gewinnen. Schulen kämen nämlich gern in Gruppen zu 50 Teilnehmern, eine quirlige Kopfzahl, die sich schon logistisch kaum bewältigen lässt, geschweige denn pädagogisch.

Hier nun kommen die Verbündeten aus der Altstadt ins Spiel, das Zauberwort heißt Vernetzung: Während die eine Hälfte der Gruppe im Lutherhaus bleibt, besucht die andere beispielsweise die Historische Druckerstube von Andreas Metschke oder Michael Schicketanz' Farbenküche im Cranach-Hof oder macht eine Stadtführung; anschließend wird getauscht. Vielfach haben die Gäste, die auch aus anderen Bundesländern kommen, eine weite Reise hinter sich - und gleichzeitig den Anspruch, alles, sprich die gesamte Stadt Luthers, an einem Tag zu sehen. Dann empfiehlt man ihnen die Jugendherberge, wie jenem katholischen Pfarrer aus dem tiefsten Westen.

Um die individuelle Nachfrage besser bedienen zu können (das Standardprogramm der Museumspädagogik ist vorrangig für angemeldete Gruppen gedacht), wird gegenwärtig an einem Familienprojekt gearbeitet. Das angestrebte Resultat trägt den Arbeitstitel "Museumstüte" und soll Eltern und Kinder in die Lage versetzen, sich auf eigene Faust kreativ mit der Ausstellung im Lutherhaus auseinander zu setzen.

Kreativ durch die Ausstellung

Laut Jutta Strehle wird die Tüte, die man dann an der Museumskasse erwerben kann, beispielsweise Stifte, Informationen und Anregungen sowie einschlägige Puzzles, Suchbilder und Bastelbögen zu den Exponaten enthalten, quasi das museumspädagogische Angebot en miniature. Anhand des Stadtmodells beispielsweise könnten die Familien anschließend auch auf Entdeckungsreise in die Altstadt gehen und sich ein bestimmtes historisches Gebäude in natura ansehen, so Strehle. Was das Kreativgepäck kosten wird, steht noch nicht fest, der Preis werde aber unter zehn Euro liegen. Ebenfalls auf die Bedürfnisse von Familien zielt ein Angebot ab, das es voraussichtlich ab 6. Juni geben wird: "ein preiswertes Essen wie zu Luthers Zeiten", Suppe mit Brot, das natürlich eingestippt werden darf. Gekocht und aufgetischt wird in der Sommergastronomie "Luthers Garten", die seit 2008 wie berichtet in neuen Händen liegt, nämlich in denen von Joachim Goldmann.

Unterdessen steht in diesem Jahr auch ein Abschied an. Nach sechs Jahren verlässt Carmen Otto, die die Wittenberger Museumspädagogik maßgeblich mitgeprägt hat, das Haus. Die abgeordnete Lehrerin kehrt im Sommer zurück an ihre Schule in Zerbst. "Kaputt, aber zufrieden", so hat sie, so haben sie sich oft gefühlt nach dem Abschied von der letzten Besuchergruppe des Tages. Die Zukunft der Wittenberger Museumspädagogik ohne sie sieht Carmen Otto bescheiden und optimistisch zugleich: "Das wird ein Selbstläufer."

Das Angebot Museumspädagogik findet sich unter www.martinluther.de