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Lucas-Cranach-Preis Lucas-Cranach-Preis: Heiner Lück und die Geschichte der Leucorea

Von Irina Steinmann 10.11.2020, 09:15
Heiner Lück bei der Vorstellung seines neuesten Buches im Juni
Heiner Lück bei der Vorstellung seines neuesten Buches im Juni Silvia Zöller

Wittenberg - Wohl kaum ein Wissenschaftler von auswärts ist der Lutherstadt so eng verbunden wie Heiner Lück. So war es nur folgerichtig, vielleicht sogar überfällig, dass die Stadt Wittenberg den inzwischen emeritierten Rechtsprofessor und Rechtshistoriker aus Halle mit ihrem Lucas-Cranach-Preis ausgezeichnet hat.

Denn „Impulse für die Stadt“, so die Kategorie, in der Lück den Preis bekommen hat, haben die Forschungen des heute 66-Jährigen dieser reichlich gebracht. Im In- und Ausland mag der Wissenschaftler für andere Fachgebiete bekannter sein, für den berühmten „Sachsenspiegel“ nämlich, mit Blick auf Wittenberg ist es die Universität, die im Zentrum steht. Halle-Wittenberg heißt die Universität, an der Lück bis 2019 lehrte und forschte, „Alma Leucorea“ sein jüngstes Werk, groß und schwer Rezensenten zufolge nicht nur im materiellen Sinn.

Leucorea, ja, die kennt in Wittenberg jeder, mindestens den Namen. Die Geschichte der 1502 gegründeten Universität, die durch Luther vorübergehend zum Nabel der intellektuellen Welt wurde, sie hat Lück beschäftigt wie kaum einen anderen.

Das Ernestinische Wittenberg

Auch das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Ernestinisches Wittenberg“, etabliert 2009 in der Lutherstadt als kleiner Ersatz für längst entgangene akademische Weihen, geht auf Lück zurück, der auch dessen Projektleiter war. Zwar kommt um Luther logischerweise keiner herum, der sich mit der Geschichte der Wittenberger Universität befasst, links und rechts des Weges durch die Jahrhunderte fand sich, fand der Professor freilich reichlich Material, das das Leben der Studenten und das des Lehrkörpers an der Leucorea plastisch werden ließ. „Alles außer Luther“ war für Lück und sein „Ernestinisches Wittenberg“ Arbeitsauftrag, bevor es populäres Schlagwort werden sollte.

Nebenbei etwa grub Heiner Lück, der allerdings auch im Beratergremium der EKD für das Reformationsjubiläum 2017 saß, beispielsweise Novalis aus. 2012 entdeckte er dessen Studentenbude, der Romantiker Friedrich von Hardenberg wohnte in der Bürgermeisterstraße. Seit 2015 erinnert daran nun eine Gedenkplakette an der Alten Sternwarte.

„Fecit! Was hat der eigentlich gemacht?“ lautete, schön selbstironisch, der Titel seiner Abschiedsvorlesung im Juli 2019 an der Universität Halle-Wittenberg in Halle. Und was macht Heiner Lück heute? Dass der Abschied von der Lehre nicht auch der von der Forschung war, versteht sich.

Dass Wittenberg für ihn weiterhin eine wichtige Rolle spielt, wie er selbst sagt, auch. Etwa zehn, zwölf Mal pro Jahr besuche er die Lutherstadt, das hat mit seiner Tätigkeit im Kuratorium der Stiftung Leucorea zu tun, aber eben auch mit Besuchen im Ratsarchiv, „bei Herrn Wurda“, und in der Reformationsgeschichtlichen Forschungsbibliothek.

Wie die Stadt Stadt wurde

Kürzlich erst hat er eine Studie abgeschlossen, die erneut die Stadt zum Thema hat, die Stadtwerdung Wittenbergs nämlich zwischen 1180 und dem 13. Jahrhundert. Nicht dass er damit deren Gründungssaga umwerfen wollte; die von ihm untersuchte - und wie er betont zuvor keineswegs unbekannte - Urkunde von 1295 erscheine ihm allerdings deutlich „aussagekräftiger“ als jene von 1293, die gemeinhin als Fixpunkt für Stadtjubiläen herhalten muss.

Man erfahre darin viel mehr über die Verfasstheit der Stadt, sprich, über die Zusammensetzung der kommunalen Gremien, so der Professor. Ausgangspunkt für die Studie sei übrigens die Auszeichnung eines heutigen Amtsträgers gewesen, die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Oberbürgermeister a. D. Eckhard Naumann 2018.

Der Cranach-Preis ist natürlich nicht der erste und auch nicht der wichtigste Preis, der Lücks Forschungen würdigt. Er freue sich darüber allerdings sehr, nicht nur weil seine Frau aus Wittenberg stammt und „Cranach natürlich auch ein schöner Name“ ist, sondern weil er sich „der Stadt sehr verbunden“ fühle und dies ganz offenkundig auf Gegenseitigkeit beruht. Vor allem aber weil damit ein Forschungsgegenstand, einer von zweien, gewürdigt wird, der ihn seit „akademischen Kindesbeinen“ beschäftigt: Wittenberg und seine Universität.

So persönlich wie möglich

Ob es wie in den Vorjahren eine Preisverleihung geben wird, steht derzeit in den Corona-Sternen. Traditionell wird der Preis zum Neujahrsempfang der Lutherstadt vergeben.

Der Lucas-Cranach-Preis

Die Stadt Wittenberg vergibt ihren Lucas-Cranach-Preis alljährlich seit 2016. Die Auszeichnung ist nicht dotiert, die Gewürdigten erhalten allerdings eine Urkunde und eine kleine silberne Schlange, das Wappentier des Namensgebers. Der Preis wird in drei Kategorien vergeben - „Arbeit im Ehrenamt“, „Kunst und Kultur“, „Impulse für die Stadt“ -, außerdem kann es, wie auch diesmal wieder, einen Sonderpreis geben. Die kürzlich gekürten Preisträger des Jahrgangs 2021 heißen wie bereits berichtet Peter Conrad (Maler), Veronika Dorn (ehemalige Ortsbürgermeisterin von Pratau), Heiner Lück und Ecosia GmbH beziehungsweise Christian Kroll, Gründer der ökologischen Suchmaschine Ecosia, mit deren Nutzung man Wiederaufforstungsprojekte unterstützt. Die MZ beabsichtigt in nächster Zeit in loser Folge alle aktuellen Preisträger vorzustellen. (mz)